Viele Wege den grassierenden Kapitalismus, oder besser das rein kapitalistische Denken in der Volkswirtschaft zu besiegen gibt es nicht. Die menschliche Gewinnsucht hat seriöse Bankgeschäfte zum Casino- Spiel abgewirtschaftet. Spricht man mit Bänkern darüber, ist die Beurteilung nüancierter: neue Finanzprodukte nennt man die Formen der Kapitalbeteiligung mit grossen Gewinnmargen die sich angesichts der Schuldenkrise in der EU einen Namen machten. Nun haben Merkozy über eine Transaktionssteuer diskutiert und der französische Noch-Präsident glaubt damit den sozialistischen Gegner austricksen zu können. Mitnichten! Ein anderer Sozialist, Präsident der europäischen Kommission und brillianter Vordenker vieler, jetzt als Stein der Weisen dargestellter Ideen, hatte sie schon während seiner Amtszeit. Dass es ungerecht sei den Ertrag aus Arbeit stärker zu besteuern, als den Ertrag aus spekulativen Finanzgeschäften hat schon Jacques Delors gebrandmarkt, und ihm, dem bekennenden Christen, gefiel diese Sicht aus der katholischen Soziallehre. Demnach sind Merkozy dort angekommen, wo die EU schon einmal war, nämlich bei ureigenen europäischen Grundprinzipien aus dem Wertekatalog der sozialen Marktwirtschaft. Gewiss, in einer globalisierten Welt sind nun die Finanzplätze unter Druck! Banken lassen sich leichter outsorcen als Stahlstandorte. Und damit dürfte die Gretchenfrage wieder beim Detail liegen. Was tun um den Bänkern London Luxemburg, Wien und Brüssel noch schmackhaft zu machen? An ihren Bonussen hat man bereits gewagt zu kratzen, nun noch die Besteuerung ihrer einfallsreichen Produkte….in Singapore oder Hongkong lebt es sich auch gut! Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, das hat einmal ein grosser mutiger Staatschef gesagt. Wie oft kommt die EU noch zu spät???
Divers
Christenverfolgung im Sudan….
.. und nicht nur dort. Sind wir bei Huntington’s Kampf der Kulturen angekommen?Im grossen Stil werden Menschen verfolgt, zur Flucht gezwungen, bloss weil sie einer Religion angehören, die nicht jene der Mehrheit ist. Die Welt sieht zu, hat schon allzu lange zugeschaut, was soll auch unternommen werden? « Nichteinmischung in innere Angelegenheiten » ist seit dem Irakkrieg ein wohlgefälliges Prinzip mit dem die Diplomatie den Kopf aus der Schlinge ziehen will! Und nicht nur seit dann. Hilflos steht der Westen vor solch grundsätzlichen Problemen, hat sich keine Handlungsweise zurecht gelegt, weil eigentlich seit dem Mauerfall geglaubt wurde die Zeit werde schon im Sinne von Demokratie und Toleranz wirken, mit grösserem Wohlstand würden auch schon die Gegensätze ausradiert, Religionen würden den Status des « Opium fürs Volk » zugunsten materialistischer Glaubensbekenntnisse verlieren. Nichts von alledem ist so gekommen. Der Kommunismus hat das Religiöse nicht auszurotten vermocht, und Diktatoren haben sich dessen bedient als Mittel zum Zweck der Machtergreifung. Die Verfolgungen haben allesamt auch reale machtpolitische Hintergründe. Sie sind verschieden, zeigen jedoch in ihrer Konsequenz Gemeinsamkeiten auf: die neuen Märtyrer sterben mit der Bitte um Verzeihung für die Peiniger oder sehen im Selbstverbrennungstod den direkten Weg zum Paradies. Es wäre eine Verkennung der Tatsachen, wollte man das begründen mit dem Verweis, dass Religion zur Privatsphäre gehört! Vielleicht liegt gar da der grosse Irrtum: Ignoranz und öffentliche Missachtung religiöser Phänomene belegen die Hilflosigkeit der Politik im Umgang mit diesen Tatbeständen. Zur Verfolgung der Kopten in Ägypten vor einem Jahr, keine Wortmeldung der EU, ebenso zur Christenverfolgung im Irak, im Sud-Sudan: in gemeinsamen Resolutionen des Ministerrates ist kein Platz für den Hinweis auf religiöse Tatbestände. Indessen ist die Ächtung von Muslimen in Europa weiter fortgeschritten, auch da dank der allgegenwärtigen Unkenntnis der verschiedenen Hintergründe. Es wäre an der Zeit sich grundlegend und auf höchster Ebene mit dem Thema Religion zu befassen.
Iran im Blickpunkt…
Die Zitterpartie um die Strasse von Hormuz und die Eskalation eines Konfliktes, um die Wasserstrasse und die freie Durchfahrt der Öltanker, aber auch um die atomare Aufrüstung des Iran spitzt sich zu. Die Europäer sollen nun ihre Sanktionen beschliessen, kein Öl mehr aus dem Iran, keine technische Hilfe mehr für das Land, das mit seiner Grösse für den Weltfrieden von entscheidender Bedeutung ist. Der Druck aus den USA und deren Verbündeten zeigt nur eine bedeckte Seite des Konfliktes. In Wirklichkeit verdeckt die Diskussion die Lage im Iran. Dass es dort reichlich Spannungen zwischen dem Präsidenten und den religiösen Führern gibt, dass die Armee omnipräsent ist, das Land eigentlich auch zum Aufbruch in einen « persischen » Frühling bereit wäre, wird nicht zur Kenntnis genommen. Unter seinen Drohgebärden gegen Israel hat der Präsident den internen Konflikt versteckt, wobei zur Zeit nicht gewusst ist auf wessen Seite er denn richtig steht: den Religionsstaat will er nicht, ob er die Vorherrschaft der Armee zu seinen Gunsten nutzen kann ist ungewiss. Das Nachsehen haben die Menschen! Die überwiegend junge und gut ausgebildete Bevölkerung hat durch die Sanktionen keine Arbeitsmöglichkeiten im Inland und will nur noch auswandern. Der Iran spielt wie die Türkei eine Schlüsselrolle dort wo es um den Weltfrieden geht, um das friedliche Zusammenleben zwischen der muslimischen Welt und den Westmächten. Also doch eher ein Kampf der Kulturen, als die Friedensinitiative, wie sich die amerikanischen Drohgebärden vermarkten?
Wulff und Lammert
Kein gutes Bild geben sie zur Zeit ab. Das Gerangel zwischen Bundespräsident und dem Präsidenten des Bundestages war schon zur Posse eskaliert als es um die Festsetzung eines Datums zu einer Gedenkfeier ging. Nun, da der Bundespräsident ordentlich in der Bredouille ist, helfen auch die Medienschelte des Präsidenten des Bundestages nichts mehr! Die aus dem Qatar gesendete SMS wird wohl endgültig das Image eines über den Dingen stehenden Bundespräsidenten lädiert haben! Worte über Pressefreiheit sind nur noch Worthülsen wenn derjenige der sie ausspricht es schon mal mit Druck versucht hat! Am Intelligentesten wäre es wohl Zurückhaltung zu üben, jedem Kommentar noch eins drauf zu versetzen scheint allerdings die Manier des Bundestagspräsidenten! Dass auch innerparteiliche Rivalität hier mitspielt ist offensichtlich. Und wiederum hat die Kanzlerin keinen guten Griff bei der Wahl des Bundespräsidenten getan. Mit Wulff hat sie vielleicht einen möglichen Nebenbuhler in der Parteiführung ausgeschaltet, hat aber auch ihre eigene Nachfolge vermasselt! Von all den talentierten Jungpolitikern in CDU und CSU sind nicht mehr viel übrig geblieben. Entweder wurden sie hinauskomplementiert, wie Friedrich Mertz, oder so in Abseits manövriert, dass -wie bei Koch- letztlich die Privatwirtschaft anzüglicher war als die Politik. Dass es um Frau Merkel sehr einsam zu werden droht, das hat nur sie selbst zu verantworten. Es zeugt allerdings auch von sehr wenig Menschenkenntnis, oder dem fehlenden Mindestmass an Rücksicht auf die Gefühle der Mitstreiter. Nun sind von der Sache her alle Mächtigen auch immer einsame Menschen, wenn sie es nicht schaffen die Zuneigung ihrer nächsten Umgebung zu gewinnen. Mit Gauck hätte es in Deutschland ein verdienter Ostler zum höchsten Amt geschafft, es wäre eine parteiübergreifende Wahl gewesen, und Christian Wulff hätte als Häuslebauer seinen Kredit lediglich vor seinem eigenen Landtag verteidigen müssen. Und Gauck hätte mit Lammert vielleicht besser gekonnt, als der eigene Parteigenosse.
Ein Jahr verabschiedet sich…
Hat viel Unruhe in die Welt gebracht, 2011…es hat sich etwas bewegt, noch ist der Ausgang ungewiss. Ob die Demokratie in den arabischen Staaten eine Zukunft hat? Wird das Schuldenmachen als Konzept der Wirtschaftsführung weitergeführt? Hunger, Naturkatastrophen, Armut, Flüchtlinge, so tun als sei alles in bester Ordnung können wir nicht. Alles Leid der Welt kann auch nicht vom europäischen Kontinent aus gelöst werden. Ein Freund aus Kanada schrieb, dort gehe es den Menschen besser, da sie nicht so dicht nebeneinander sässen! Die Verantwortung für den Mitmenschen hat eben auch ihre Grenzen, was uns allerdings nicht zum grenzenlosen Egoismus ermutigen soll. Gemerkt haben manche Staats und Regierungschefs nicht dass sie während Jahrzehnten Diktatoren unterstützt haben und sie grosszügig mit Waffen eindeckten. Im Mittelmeerraum hat man auf die Falschen gesetzt, die mit den Ölquellen, ohne ihre Staatsführung zu beachten. 2012 wird für Irak, Iran, Saudi Arabien, Palästina, Israel, die Golfstaaten und noch andere, ein Krisenjahr bleiben. In Russland regt sich die Opposition. Europa, zerstritten wie eh und je, hat zu all diesen Krisenherden kaum die treffende Antwort. Und da die EU wohl vorrangig mit sich selbst beschäftigt sein wird, dürfte aus Brüssel nur wenig Hilfe zu erwarten sein….es sei denn die neu aufgestellte Behörde der Frau Ashton mausert sich im neuen Jahr zu einer aussenpolitischen Schlagkraft! Was denn auch zu wünschen bliebe.
Zum neuen Jahr, alles Gute!