…nach Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy nun François Hollande an ihrer Seite, unterschiedlicher ginge es kaum. Chirac überragte sie um einen Kopf, der elegante Handkuss war sein Begrüssungszeremoniell. Mit Sarko wurde dann Merkozy, familiär, herzlich dem Anschein nach, und nun der etwas steif wirkende Hollande. Der Anfang muss recht schwierig sein für den Franzosen, er griff denn auch schon mächtig in die Saiten. Mit dem amerkanischen Präsidenten ging es um Frankreichs Rückzug aus Afghanistan, in Europa will er Wachstum und nicht den Sparkurs der deutschen Kollegin. Zusätzlich legt er sich quer um die Nachfolge Junckers: der Karlspreisträger Schäuble kann nur Eurogruppenchef werden wenn er nicht mehr deutscher Finanzminister ist und lieber bliebe er wohl beim Alten . Schliesslich war Juncker nicht von ungefähr sein erster ausländischer Staatsgast! Wenn allerdings das deutsch-französische Zwiegespann in der EU nicht harmoniert, dann blockt der Motor. Das ist besonders in dieser Krisenzeit verheerend für die Wirtschaft, vor allem aber für den Pioniergeist in der EU. Nun scheint Frau Merkel mit ihrem Sparkurs allein auf weiter Flur. Innenpolitisch ist trotz der Abwahl der CDU in NRW die Kanzlerin hoch im Kurs, vielleicht ist das auch ein Beweggrund, denn ihre Sparparolen kommen besonders in Deutschland gut an und die Kanzlerin wird ja schliesslich von den Deutschen wiedergewählt….oder nicht. Aber bis dahin vergeht wohl die letzte Chance noch zu retten was zu retten ist.
Divers
Occupy
Spontane Bürgerbewegung, neue Partei, oder gar ONG zur Wiederherstellung der Moral bei den Bänkern? Was aus dieser Bewegung wird ist (noch) nicht abzusehen. Fürs erste drückt sie die Wut aus die eigentlich jeder Bürger im Bauch hat, wenn er sich durch die Geschichte der Finanzkrise hindurchliest. Die Inkompetenz der Bänker und der Politiker hat die Zukunft Europas hypotekiert, die Union der 27 ins Wanken gebracht und die grösste Errungenschaft, den Euro, zu einer unsicheren Währung gemacht. Auf der Strasse entlädt sich was sonstwo nicht zur Sprache kommt. Glimpflich verlaufen ist die über blog einberufene Demo in Frankfurt, ihre Wirksamkeit hatte sie dennoch: das grosse Polizeiaufgebot und der ausgiebige Bericht in der Presse brachten öffentliche Aufmerksamkeit. « Gegen die Macht der Banken, für die Demokratie » sind einige der Parolen auf den Blogs. « indignez-vous », lautet der Aufruf Stephan Hessels, des französischen Menschenrechtsaktivisten und Schriftstellers. Das Sozialforum von Porto Alegre wird alljährlich als Gegenstück zum Forum in Davos organisiert. Die Sprache der Strasse artikuliert sich. Sie verfügt über ein grosses Potenziel dank Internet. Kommt es zu einer Neufassung demokratischer Bewegungen? Die Piraten haben gezeigt dass sich gut strukturiert auch demokratische Wahlen gewinnen lassen….trotz eines dürftigen Programms. Occupy ist mehr, das Gehabe der Banken, aber auch prekäre Arbeitsplätze gehören zu den Parolen. Ein Sozialforum neuer Art, spontan, schnell abrufbar und gewaltlos. Gegenstück zu den Hooligans auf den Fussballplätzen, die wenig Inhalt mit viel Klamauk zu einem ordnungspolitischen Problem machen….
Fokus Luxemburg
Schwieriger Finanzministerrat, besonders für den luxemburgischen Minister, da tags zuvor der französische Sender Antenne 2 erneut eine Skandalsendung um den Finanzplatz zur besten Sendezeit ausgestrahlt hatte. Es geht vorrangig um das Bankgeheimnis, hintergründig aber um Neid und Missgunst. Das Etikett das dem Land aufgeklebt wird, es sei ein Steuerparadies, stimmt nämlich nicht. Die Menschen zahlen auch hier Steuern, auf 42% wurde der Höchstsatz erhöht, auch im Grossherzogtum macht die Krise sich bemerkbar. Im europäischen Ministerrat geht es allerdings um ein kniffliges Problem, das bisher Luxemburg und Österreich vor den Harmonisierungsbestrebungen der anderen retten konnten. Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist wohl der wichtigste Vorwurf der geltet wenn es um objektive Argumente zur Abschaffung unterschiedlicher Finanzsysteme geht. Nun wird Europa in Steuerfragen gerne mit den USA verglichen: dort gibt es in den verschiedenen Staaten unterschiedliche Besteuerungen, allerdings ist Steuerhinterziehung für Amerikaner nicht ein Kavaliersdelikt, sondern eine unverzeihliche Misstat, ein Affront gegen die Nation. Für Europäer ist es zu einer Art Volkssport geworden. Wer in seine Villa an der Côte d’Azur investiert ist nicht verdächtig, kaum jemand wird prüfen woher das Geld kommt mit dem die Bauunternehmen bezahlt werden. Dass sich die deutsche Steuerbehörde mit unlauteren Mitteln, sprich Datenklau, Zugang zu der Kundenkartei von Banken verschaffte wurde gar als eine Glanztat beschrieben, den Franzosen ist dies noch nicht gelungen, vielleicht daher ihre Frust! Das Bankgeheimnis ist keine Methode zum Hehlen, oder zum Weisswaschen von Schwarzgeld, der Bänker hat Meldepflicht wenn ein Verdacht auf Weisswaschen oder unlautere Herkunft des Kapitals besteht! Es ist ein Finanzinstrument, das Kapital in Europa halten soll. Der Finanzplatz London wehrt sich dagegen dass Transaktionen besteuert werden, auch da kommt die EU nicht weiter. Nun soll wohl zuerst bei den kleinen Ländern aufgeräumt werden. Als vor einem guten Jahrzehnt die Quellensteuer europaweit eingeführt wurde, dachte das Grossherzogtum damit sei auch der Druck zum Aufgeben anonymer Konten vorbei, da alles versteuert werden musste, und die Steuer an das Herkunftsland abgeleitet wird. Nicht so, die Rechnung ging nicht auf, das Gewicht des Luxemburger Finanzministers wiegt zu wenig in der Wagschale wenn es ums Eingemachte geht. Was wäre die Konsequenz? Einige Banken würden gute Kunden verlieren, Arbeitsplätze-vorrangig von französischen Grenzgängern besetzt- würden in Luxemburg zum Opfer fallen, Steuereinnahmen aus dieser Gewerbetätigkeit für den Standort Luxemburg verlorengehen. Das Kapital würde wahrscheinlich nach Singapur, oder die Bahamas abwandern, der Finanzplatz Luxemburg hätte weniger Anreiz. Wem wäre damit gedient? Europas Finanzkrise würde damit nicht behoben. Für die breite Öffentlichkeit ist lediglich das Land als Schmarotzer der EU gestempelt, denn die Bürger haben kein Verständnis für Steuerhinterzieher. Dass die Luxemburger Finanzwelt und ihre Politiker sich nicht andere Finanzinstrumente einfallen lassen ist ihre grösste Schwäche. Die Luxemburger haben es allemal satt als Steuerparadies abgestempelt zu werden. Sie alle zahlen Steuern und finanzieren damit einen beispielhaften Sozialstaat.
Debakel für die CDU in NRW
Aus der Minderheitsregierung von Frau Kraft wird eine satte Mehrheit, Verlierer ist die CDU, Auslöser von Neuwahlen, da die Verweigerung ihrer Zustimmung zum Haushalt sie provoziert hatte. Auf nie gekanntem Tief landet die Kanzlerinpartei im grössten Bundesland. Nicht nur Rot-Grün gehen gestärkt hervor, auch der Koalitionspartner FDP darf sich freuen. Als Schelte für Angela Merkel kann das miese Resultat von 26% nicht gelten, sie geniesst nach wie vor grosse Anerkennung, aber die Fehler seit Jürgen Rüttgers’ Abtritt haben der Partei zugesetzt. Dass er, der Gewinner nach langjähriger Oppositionszeit, damals nach der verlorenen Wahl die Politik verliess und für diese Wahl ein Spitzenkandidat aus Berlin geholt wurde zeigt von der inneren Schwäche der CDU. Wähler merken schon wem es ernst ist mit dem politischen Einsatz, und wenn der erste Beweggrund das Karrieredenken von Spitzenpolitikern ist, dann schwindet das « Wir » Gefühl einer Partei, dann kämpft jeder für sich und manche unbedachte Aussage hallt den ganzen Wahlkampf über nach. Diese Analyse steht der CDU aus NRW bevor, ebenso wird ihr Verhalten als Opposition entscheiden ob zum Bundestagswahlkampf der Trend gestoppt werden kann. Mit dem Schulpakt glaubte man allerdings dass im höheren Landesinteresse überparteilich regiert werden könne, als sich die grossen Parteien verpflichteten für die durchgesetzten Schulreformen eine Sperrfrist für Abänderungen einzubauen. Nun ist die Wahl gewonnen von Hannelore Kraft, wohl eher als von ihrer Partei! Ihr Vertrauensbonus hat erheblich zum Sieg beigetragen.
Das Europaparlament zeigt Muskeln
Gute Bilanz, die Mai- Sitzungswoche hat einige gute Resultate zu verzeichnen, die Bürger sollen auch wissen was ihre gewählten Vertreter in Brüssel zustande gebracht haben! Das Roaming, grenzüberschreitend telefonieren, ohne erhebliche Mehrkosten war von Kommissarin Reding angeleiert worden, sie hatte sich mit den Netzbetreibern angelegt und es zu einer Einigung gebracht. Das war kurz vor den Wahlen 2009. Nun wurde unter dänischem Vorsitz nachgebessert und das Parlament konnte sich durchsetzen mit seiner sehr günstigen Lösung: ein Europa ohne Grenzen im Netz rückt näher. Erfreulich wenn die MEPs den Konsumenten als den wichtigsten Lobbyisten ernst nehmen und sich für seine Belange einsetzen! Seine Haushaltskompetenz hat das EP ebenfalls demonstriert, als die Haushalte von drei Agenturen nicht verabschiedet wurden. Insbesondere die Nahrungsmittelbehörde EFSA mit Sitz in Parma ist den Gewählten ein Dorn im Auge und nicht zu unrecht! Die Vermischung mit der Agrarlobby und ganz besonders einigen Grosskonzernen der agrochemischen Industrie war den Parlamentariern zuviel. An der Haushaltsführung und den Tagessätzen von 6000€ für Konferenzen haben sie sich ebenfalls gestossen. Auch die Umweltagentur und die Medikamentenagentur wurden zu ihrer Haushaltsvorlage gerügt. Das Parlament spielt hier seine wichtigste Rolle, die der Kontrolle. Eigentlich müsste die Kommission ihre Zweigstellen unter Aufsicht haben, so dass es nicht erst zu den Ausgaben kommt, denn die Einwände des Parlamentes sind ja erst möglich, wenn das Geld bereits ausgegeben worden ist…