Die europäische Kommission scheint echt in Bedrängnis zu kommen…am Rande der nicht sehr freundlichen Unterredung des geschassten Kommissars mit dem Präsidenten, taucht nun auch Edmund Stoiber auf! Er solle versucht haben Einfluss auf den Gesundheitskommissar auszuüben, indem er sich zum Sprachrohr bayrischer Tabakproduzenten einbrachte. An sich kein anormaler Vorgang, in den Brüsseler Gängen und am Rande der Ausschusssitzungen trifft man sich, schnell sind Worte gewechselt-off the records, versteht sich- der Rest wird nachgereicht…und eben um diesen Rest geht es jetzt. Was Stoiber sagte dürften er und der Kommissar allein wissen, was aber auf dem Papier der bayrischen Industriellen steht, das hinterlässt Spuren. Hätte es diesen Vorfall nicht gegeben, der Antrag wäre gewiss von den bayrischen Abgeordneten bei der Diskussion um die Richtlinie eingebracht worden, so wie es geschah bei der Staubpartikeldirektive, beim Verbot der Phtalate im Spielzeug, und dergleichen Beispiele gibt es in Hülle und Fülle. Der Vorfall um den Gesundheitskommissar zeigt nun allerdings dass die Lobbyisten sich vorwagen bis zum Verfasser der ursprünglichen Gesetzestexte. Es wird dann schwieriger für die Öffentlichkeit nachzuvollziehen wer wo welchen Einfluss nimmt. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Dass nun ein Kommissar gehen musste ist die Spitze des Eisbergs. Eigentlich müsste Stoiber auch gehen, immerhin hat der Versuch der Einflussnahme zugunsten eines Wirtschaftszweiges Anrüchiges an sich für den Leiter einer Behörde. Aber dafür wird sich kaum jemand stark machen, denn die nächste Frage für die Bayern wäre ja dann: Wohin mit Stoiber…
Divers
Yves Mersch Opfer der Frauenquoten im EP?
Zu der Anhörung des vom Rat vorgeschlagenen Kandidaten für den Gouverneursposten der europäische Zentralbank kam es erst mit Verspätung: die britische Vorsitzende hatte Einspruch eingelegt, da ihr Brief an den Vorsitzenden (van Rompuy oder Juncker??) nicht rechtzeitig oder den Umständen entsprechend, umfassend genug, beantwortet worden sei. Die Ausschussvorsitzende, die Liberale Sharon Bowles, drängt auf Berücksichtigung der Frauenquoten. Mit der Nominierung von Mersch, dessen Kompetenz ausser Frage steht, werde bis 2018 keine Nominierung einer Frau mehr möglich sein, demnach wäre jetzt der Zeitpunkt statt Mersch eine Kandidatin vorzuschlagen. Die Quadratur des Kreises verlangt dies allemal: zu Merschs Nominierung kam es erst nach längerem Geplänkel im Rat, ob denn Luxemburg zwei wichtige Posten besetzen dürfe: neben Juncker noch Mersch, das wäre zuviel. Mit vorsichtiger Diplomatie hat Juncker-der ja bekanntlich (bis auf weiteres) sein Amt als Vorsitzender der Eurogruppe abgeben wird, Mersch durchgesetzt…allerdings ohne die Rechnung mit Frau Bowles zu machen. Dies ist umso erstaunlicher als Juncker ein Meister im Dialog mit dem Parlament ist und jederzeit die ehemalige französische Vorsitzende des Ausschusses, Pervenche Bérès, einzubinden wusste in seine Vorhaben. Hat er zu der Britin nicht den Draht, war ihm etwa die Wichtigkeit der Forderung nicht bewusst, was kaum zu glauben wäre, da er kein Machotyp ist der von Frauen in Führungsgremien abgeschreckt wäre? Dass Yves Mersch nicht unbedingt sein Wunschkandidat war könnte verständlich sein, mehrmals hat der Chef der luxemburgischen Zentralbank die Regierung Juncker kritisiert wegen Mindestlohn, Indexierung der Löhne und dergleichen mehr. Nun ist allerdings die Zwickmühle so gewesen dass Mersch nicht nur für Luxemburg steht, sondern für den « Norden » der Eurozone. Wieso der Eurorat dem Parlament neben Mersch nicht auch eine Frau zur Abstimmung vorschlug ergibt sich demnach aus diesem, an sich heiklen, Vorgang. Dass gerade eine Britin, aus einem Nichtmitgliedland der Eurozone die Blokade anführt, mutet doppelt skurril an. Lügen gestraft werden allerdings jene die das Quotenproblem minimisieren, da droht sich eine weibliche Solidarität im EP erst recht aufzubauen. Wortmeldungen in diese Richtung sind äusserst kontraproduktiv! Ob der Luxemburger es am Donnerstag schafft ist ungewiss: die EVP hat ihre Zustimmung gegeben, damit wäre die stärkste Fraktion eingebunden. Allerdings erfolgen Abstimmungen nicht nach Fraktionszwang. Die Grünen, Liberalen und Sozialisten werden vermutlich mit wenigen Ausnahmen den Vorschlag des Rates ablehnen-nicht wegen Mersch, sondern wegen der Vorgehensweise- bleiben die Eurskeptiker und Extremisten, nicht viele Stimmen, aber in solchen Fällen manchmal relevant. In der Zwischenzeit hat Viviane Reding eine Quotenregelung in der Kommission eingebracht, von den 27 Kommissaren sind 11 dagegen… Die Kompetenz von Yves Mersch steht nicht zur Debatte, Namen von möglichen glaubwürdigen Kandidatinnen zirkulieren allerdings keine….
Hochzeit in Luxemburg
Fest der Monarchie mit vielen Royals des europäischen Gotha. Lediglich die Briten waren nicht dabei: ob sie die Luxemburger Monarchie snobten, da sie seinerzeit, 1919 per Referendum vom Volk gewählt wurde und daher nicht Adelsgeschlecht im vollumfänglichen Sinne ist? Die Präsenz zur Hochzeit zeigte allemal dass es gute Kontakte weltweit gibt, ein Erfolg, für die grossherzogliche Familie, aber auch für das Land. 70% der Luxemburger halten daran fest dass der Grossherzog ihr Staatschef ist. Antimonarchisten und « Republikaner » deren es noch keine in organisierter Form gibt, sollten vielleicht bedenken dass ein gewählter Präsident mehr Ärger bringen könnte und gar noch teurer zu stehen käme.
Gipfel der Auseinandersetzung
Merkozy ist vorbei, die Kluft zwischen Deutschland und Frankreich wird demnächst offen ausgetragen. Zwei entgegengesetzte Meinungen erklären denn auch woran es liegt dass der Streit um das Geld kein Ende nehmen will. Frau Merkel möchte dass die Haushälter in den Mitgliedstaaten an die Mangel genommen werden von der Kommission. Hollande möchte dass der Zusammenschluss der Banken neues Geld in die Wirtschaft einfliessen lasse. Dort wo die deutsche Kanzlerin das starke Geld, dem angepeilten Wirtschaftswachstum vorzieht, will der Franzose das Kaputtsparen verhindern. Dass die beiden aus nationaler Sicht recht haben, ist sonder Zweifel aus ihrer wirtschaftlischen Vergangenheit herauszulesen. Die Agenda 2020 hat den Deutschen ohnehin das Sparen auferlegt, Eineuro Jobs hielten gleichzeitig die Arbeitslosigkeit in Grenzen, also es wurde nicht nur gespart sondern auch mehr gearbeitet. Dass der Binnenmarkt dem Wirtschaftswachstum Deutschlands geradezu auf den Leib geschrieben war, den Export deutscher Güter äusserst günstig begleitete, führt jedoch zu keinerlei Solidaritätsbekundung. Wer hat der hat! Nicht so in Frankreich, es gab keinen Präsidenten der die beiden Prinzipien, mehr arbeiten und sparen umzusetzen vermochte. Das Scheitern Sarkozy’s, der das deutsche Beispiel seinen Landsleuten vorhielt ist schliesslich auch daran gescheitert, dass es eben nicht machbar ist eine Symbiose zwischen zwei so unterschiedlichen Völkern herzustellen. Nicht von ungefähr sagt man gerne dass gut leben heisst « wie Gottvater in Frankreich ». Nun weiss der französische Präsident dass ihm der Aufpasser der Kommission den Frau Merkel einsetzen will übel mitspielen könnte, wenn er denn die Staatsschuld in seinem Haushalt nicht zu drosseln vermag. Wenig Europa kommt in diesen unterschiedlichen Meinungsäusserungen zu Wort. An gesamteuropäischer Strategie gegenüber den Finanzmärkten hat der Gipfel wenig positive Aussagen gebracht, im Gegemteil: für Spanien, Griechenland Portugal eine Zitterpartie, für andere wahrscheinlich auch in nächster Zukunft. Das deutsch-französische Gespann hat demnach auf den Punkt gebracht was schon längst gewusst ist: ohne Deutschland läuft eben nichts in der EU. Aber beide sollten sich merken was Binsenwahrheit ist: Geld regiert die Welt!
EVP Kongress in Bukarest
Die Partei ist der Einladung Basescu’s gefolgt: der gerettete Präsident wird vermutlich mit grösstem Wohlgefallen seine Parteifreunde empfangen, nachdem die Sozialisten ihr Treffen nach Brüssel verlegt hatten und der Einladung des Parteikollegen Ponta nicht gefolgt sind. Die Schlammschlacht um die Amtsenthebung des Präsidenten durch Premierminister Ponta hat keine rühmlichen Spuren für die europäische Kommission hinterlassen. Die allzu voreilige Wortmeldung der EU Justiz Kommissarin, wenig und kaum hintergründig informiert über rumänische Verhältnisse, stösst denn auch den Rumänen übel auf. Der frühere Präsident Emil Constantinescu, EVP Mitglied seinerzeit, nach einer Amtsperiode wieder an seine Universität zurückgekehrt, hat sich denn auch zu Wort gemeldet. In einem 12 seitigen Brief an den Präsidenten des europäischen Parlamentes belegt er mit der Aufzeichnung rezenter rumänischer Geschichte wie bei den Zahlenspielen unter Präsident Basescu der Bevölkerungsentwicklung nicht Rechnung getragen wurde. 2004 und 2008 waren 18,4 Mio Einwohner eingetragen , 2012 waren es 18,3 Mio, das nationale statistische Amt führt allerdings 2,6 Mio respektiv 3,4 Mio Auswanderer auf. Der Präsident, nachdem 87% der Wähler abgestimmt haben, weit über 50% der effektiven Bevölkerung mithin dem Amtsenthebungsverfahren zustimmten, kann demnach nicht mehr das rumänische Volk vertreten, weder im In-noch im Ausland. Constantinesu erklärt weiter die Regeln des Verfassungsrates, die Besetzung der Posten durch Securitate Mitglieder, die Parteiklüngel und die Korruptheit des Amtsinhabers. Reding und Barroso hätten weder Fachleute aus Rumänien konsultiert, noch etwas näher hingesehen. Eigentlich hätte es zur Normalität unter Parteigenossen gehört, zumindest einen früheren Amtsinhaber anzuhören bevor sich die Kommission in Amt und Würden vor Basescu stellte. Nun ist auch der Premierminister kein Chorknabe, ein Zögling des der Korruption überführten Premierministers und Parlamentspräsidenten Adrian Nastase, ein des Plagiats beschuldigter Akademiker. Mitten im rumänischen Wahlkampf macht sich die EVP nun vermutlich zum Wahlkampfhelfer für den falschen…da Basescu sogar noch in das EVP Präsidium gewählt werden wollte, ihm aber vorgehalten wurde dass er eigentlich politisch neutral sein sollte…was auch immer das bedeutet! Indessen hat sich die wirtschaftliche Situation verschlechtert, nachdem der Präsident der Zentralbank und frühere Premierminister Isarescu für einigermassen stabile Verhältnisse der Währung gesorgt hatte. Vertrauensverlust, auch für die EU: einmischen sollte sie sich erst, wenn sie den richtigen Durchblick hat. Die EVP zeigt allerdings wieder einmal was sie in Wirklichkeit ist: ein Sammelsurium von 73 verschiedenen Parteien, ohne Grundsätze und politisches Ehrgefühl.