Erna Hennicot-Schoepges

Dem bundesdeutschen Kanzler Helmut Kohl werden zu seinem achtzigsten Geburtstag viele Schmeicheleien gereicht werden. Dem Kanzler der deutschen Einheit müsste die europäische Politik ihren gesammelten Dank entgegenbringen dafür dass er bei der Einführung der Gemeinschaftswährung so stur auf den Stabilitätspakt gepocht hat! Mit einem Kanzler Schröder und einem Präsidenten Sarkozy wäre der Euro ganz sicher ein Weichei geworden, das beim geringsten Schub nicht widerstanden hätte! Viele, insbesondere Sozialisten haben sich immer wieder an den engen Grenzen gestossen, haben das Aufweichen der Kriterien gefordert, hatten wohl amerikanische Vorstellungen von einer Finanzwelt die sich nur wenig um soziale Marktwirtschaft sorgt. Wenn das griechische Drama einigermassen gut ausgeht, dann könnte es ein Gewinn für alle Mitgliedstaaten werden.

Nach jahrelangem Hin-und Her ist die europäische Kommission nun eingeknickt: Amflora, das Vorzeigeprodukt von BASF wurde zugelassen. Und zwar gleich in der ganzen Union. Die deutsche chemische Industrie hat sich demnach durchgesetzt, nachdem die meisten Forschungsgelder in dieses Projekt geflossen sind, weswegen andere Alternativprodukte für Pestizide sträflich vernachlässigt wurden. Wieder ein Sieg des Geldes: was so harmlos als Kartoffel getarnt wird ist eine Alternative für Papier und Kleister, ersetzt demnach die herkömmlichen Produkte, z.B. das Recycling zur Herstellung von Papier. Dass für die Amflora breite Ackerflächen nun dem Anbau von Lebensmittel verlorengehen steht in keiner Begutachtung. Auch wie denn die als Viehfutter zu Agrarzwecken verwendeten Nebenprodukte sich auf die Tierhaltung auswirken ist eher beiläufig dargestellt. Die Kommission beruft sich auf ihre Lebensmittelagentur EFSA. Eingeweihte wissen längst dass die Gutachten von EFSA- manchmal mit nur einer Stimme Mehrheit- von der Orientierung der genannten Beiräte abhängen. Dass nicht alle in vollendeter wissenschaftlicher Unabhängigkeit sitzen, ist bekannt. Amflora ist für die BASF eine wirtschaftliche Neuorientierung, schäbiger noch als Pflanzenersatz für Oel, da es keinen direkten umweltpolitischen Zwang gibt! Lediglich die Aktionäre der Firma sind die grossen Nutzniesser.

Eine Wirtschaftsregierung bräuchten die Euro Länder, so J.Cl.Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe. Also Zustimmung zum Vorschlag des französischen Ratsviorsitzenden 2008? Späte Einsicht ist besser, allerdings kann man sich ja die Feststellung nicht verkneifen dass alle sich an den Maastricht Kriterien und dem Stabilitätspakt vorbeigemogelt haben! Sieht man sich die Liste der Schuldenmacher an, so ist offensichtlich dass Drohgebärden der europäischen Kommission wenig genutzt haben um die Haushaltsdefizite im Griff zu behalten. Wie effizient überprüft wurde ist dann wiederum eine Frage der Ehrlichkeit. Kommt nun noch die Berechnung des BIP ins Wancken, wo laut OECD Regeln schon längere Zeit nach breiteren Erhebungen gefragt wird und die französische Stiglitz Kommission nun mit ersten Vorschlägen aufwartet, könnte ein neuer Sturm auf die Gemeinschaftswährung losgetreten werden…was dann vielleicht hiesse dass europäische Exportgüter wieder billiger würden, die Wirtschaft einen Schub der Erholung daraus schöpfen könnte und die Spekulanten das Nachsehen hätten! Aber Letztere werden sich so einfach nicht abhängen lassen.