Die Europahauptstadt ist heute der Schauplatz eines Generalstreiks. Transporteure, Fluggesellschaften, Schulen, alle Bereiche dürften mehr oder weniger betroffen sein. Ein Streik, der in diesem Ausmass zuletzt vor 18 Jahren stattfand. Man wehrt sich gegen die Austerität, verordnet von den EU Staats und Regierungschefs! Während über Schuldenbremsen der nationalen Haushalte gepokert wird, ist die Not längst beim Volk angekommen. In Athen werden vor dem Parlament gratis Lebensmittel verteilt, der gewaltige Ansturm von 1000 Menschen sagt dass es nicht mehr um die akademische Lösung eines Souveränitätsproblemes geht, sondern dass das Geld ausgeht! Brutal vor die Tatsache stellt dass die Zwangsjacke der Sparmassnahmen ein Gesicht hat. In Brüssel wollen die Gewerkschaften heute auf diesen Tatbestand aufmerksam machen. Nun sind Streiks der Transportunternehmen in Belgien keine Seltenheit, fast mehrmals jährlich auf der Tagesordnung. Aber heute dürfte es anders sein. Wird der Weg auf die Strasse zur Alternative für die gescheiterte gemeinsame Politik? Occupy Wallstreet, so heisst die Bewegung die sich an die Banken in New York und in London heranwagte, in Porto alegre läuft das Sozialforum als Gegenveranstaltung zu Davos. Ignorieren kann auch die Bundeskanzlerin nicht mehr dass an ihrer restriktiven Haltung etwas nicht stimmt! Aber die deutsche Öffentlichkeit sorgt sich ja vorerst nur noch um den wackelnden Stuhl des Bundespräsidenten! Der Ruf der Strasse in Brüssel dürfte allerdings seine Wirkung nicht verfehlen.
Davos ein Ausblick?
Als Zukunftsforum hat der malerische Ort in den Alpen Notorietät.Aber ist Davos noch eine visionäre Veranstaltung wo sich Wirtschaft, Politik, Forschung und Philiosopie zusammensetzen um neue Perspektiven aufzuzeichnen? Es ödet an, wenn dabei die Eröffnungsrede der Bundeskanzlerin lediglich dazu diente die eigene Haltung im innereuropäischen Geldkonflikt zu verteidigen. Die Zukunft liegt wahrhaftig auch ausserhalb Deutschlands und sogar Europas! Nabelschau betreiben ohnehin die europäischen Staats und Regierungschefs genug, wäre da in Davos nicht eine gute Gelegenheit gewesen etwas tiefer einzudringen in die Wirklichkeit! Ein gemeinsames Anpacken, verhindert durch die Rückbesinnung auf nationale Betrachtung, verlangt eine andere Qualität der Demokratie. Was würde die « europäische Öffentlichkeit »-wenn sie sich denn zu Wort melden könnte- dazu sagen, dass es noch immer keine Einigung gibt zur Konsolidierung der gemeinsamen Währung? Dass nach vielen Monaten Unsummen an Konferenzen und Gipfeln verschwendet wurden, bloss weil sich Frankreich und Deutschland in splendid isolation eigene Modelle der Führung europäischer Politik ausgedacht haben! Wie würde diese Öffentlichkeit bedauern dass gute Vorschläge die vom Eurochef Juncker gemacht wurden nicht dann als es genützt hätte angenommen wurden! Was würe diese Öffentlichkeit sagen zu der Unfähigkeit Europa auch europäisch zu gestalten und nicht nach nationalen…oder sogar nationalistischen Gesichtspunkten! Aber die Bundeskanzlerin hat sich wohlweislich gehütet eine solche Rede zu führen, sie deren Öffentlichkeit derzeit alles andere betreibt als den Weitblick über die deutschen Grenzen hinaus!
Yves Mersch und die EZB
Er hat es des öftern zu Schlagzeilen gebracht in der internationalen Presse. Der Chef der Zentralbank in Luxembourg spricht nämlich Klartext. Was nicht jedermann gefällt!Sein Name wurde bei der Besetzung des Präsidentenposten bereits genannt. Nun ist er offiziell von der Luxemburger Regierung vorgeschlagen für das Direktionsgremium.Eine Entscheidung fiel gestern noch nicht, sie wird am 20.Februar fallen. Wieder einmal ist das Tauziehen zwischen den Grossen die Chance der Kleinen, denn was die Personalpolitik auf europäischer Ebene angeht kommt es nicht immer auf Talent und Können an, sondern eher auf die Rückendeckung die von zuhause mitgebracht wird. Immerhin hat Yves Mersch jetzt schon Schlagzeilen in den grossen europäischen Presseorganen gemacht. Geachtet ist er allemal, und sein Wort hat in den Krisenzeiten Aufmerksamkeit bewirkt. Der Kunstliebhaber-und kenner Mersch, der sich auch für Zeitgenössisches interessiert, wäre ein Plus für die Nordländer, so wird spekuliert, und deshalb wird vermutet dass dennoch der spanische Gegenkandidat es schaffen könnte. Mit Juncker ist er nicht ein Herz und eine Seele, aber dass die beiden doch miteinander können haben sie zuhause bewiesen.
Kroatien in die EU?
Nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten hat abgestimmt zum Referendum über den EU Beitritt Kroatiens. Stimmen nach einer Neuauflage der Abstimmung werden laut. Aber die Mehrheit der Abstimmenden ist für den Beitritt, demnach werden demnächst alle 27 EU Mitgliedsstaaten die Ratifizierung vornehmen. Was ist gewusst über Kroatien…ausser dass es ein Staat im Balkan ist mit schöner Mittelmeerküste ist? Die Auseinandersetzung mit dem Nachbarn Slovenien um eine Enklave an der Küste hat den Beitritt verzögert. Die Nationalisten haben gepunktet indem sie die Bürger davon abhielten abzustimmen. Viel bleibt demnach zu tun an Geschichtsbewältigung um erst einmal alle Kroaten davon zu überzeugen, dass die EU Mitgliedschaft von Vorteil ist. Die anderen 27 Mitgliedstaaten werden sich noch in Geschichte aufbessern müssen. Nicht von ungefähr hat Deutschland als erstes EU Mitglied die Unabhängigkeit Kroatiens anerkannt, und dann auch die Beitrittsverhandlungen vorangetrieben. Ob mit Kroatien auch ein Stück Deutschtum in die EU hinzukommt? Mit Kroatisch wird es allemal eine weitere Übersetzersprache geben, alle Probleme des Balkans sind mit diesem Beitritt allerdings nicht geklärt.
Neuer Präsident im EP:Nach Buzek Schulz
Im europäischen Parlament werden die Posten nach Fraktionsstärke verteilt, die Abmachung zwischen den beiden grossen Fraktionen dürfte wohl kaum einem liberalen oder etwa grünen Politiker den Weg zum Präsidentenstuhl öffnen. Sie werden mit Vize-Präsidentenposten, deren es immerhin 10 gibt, getröstet. Zu der Abmachung gehört auch die Halbierung der Mandatsperiode, ein Unding! Jerzy Buzek war ein charismatischer Präsident, über den Dingen stehend, der erste aus den neuen Ländern, unbescholten von Parteienklüngelei. Er hat sich eingebracht, glaubwürdig und mit Noblesse. Dass ihm seine Ehrung für Fraga, den spanischen Franco-Gefolgsmann, zum Abschied noch einige Kritik einbrachte schmälert nicht sein Ansehen. Sein Nachfolger Martin Schulz wird ein ganz anderer Präsident….es sei denn er vergisst die Rede des Parteipolitikers! Das dürfte ihm schwer fallen. Schulz hat mit aussergewöhnlichem Rednertalent gerade politische Debatten animiert. Dort wird er fehlen denn seinem Nachfolger, dem Österreicher Hanns Swoboda fehlt das Spritzige, das in den maximal fünfminütigen Reden der Fraktionsvorsitzenden die Würze ausmacht. Verrückt wurden die Positionen demnach nicht nach Talent oder Eignung der Kandidaten, sondern nach Parteiproporz, oder interner Wahl. Dass Catherine Trautmann, die ehemalige tüchtige Strassburger Bürgermeisterin es nicht zum Fraktionssitz schaffte ist schade, sie hätte das Rednertalent gehabt, ist vermutlich aber als Französin von den Fraktionskollegen aus dem deutschsprachigen Raum nicht unterstützt worden. Sie hätte kaum der Brüsseler Lobby das Wort geredet. Da könnte die Wahl in der SDP zugleich eine Wahl für Brüssel als einzigen Standort sein. Wie sich der neue Präsident in der Sitzfrage nun verhällt, nachdem es den immer stärkeren Druck der Parlamentarier gibt, darauf darf man gespannt sein. Allerdings, diese Entscheidung liegt ja nicht beim EP sondern beim Ministerrat. Und dort wird man sich hüten neben Finanzkrise und Vertragsänderung auch noch die Sitzfrage mit ins Boot zu nehmen.