Diese erstaunlichen Amerikaner haben aus dieser Wahlschlacht auch eine spannende Auseinandersetzung für alle Medien gemacht. Manche behaupten sogar, das wäre gewollt, um auch am letzten Tag vor der Wahl den Absatz der Zeitungen sicherzustellen und die Zuschauerquoten im Fernsehen hochschnellen zu lassen… Wer erinnert sich noch an das « Yes we can »? Die erste Rede des neu gewählten Präsidenten Obama, war vermutlich seine Beste! Mit einem unwahrscheinlichen Charisma hat er damals seine Botschaft untermauert, dass ihm keine Grenzen gesetzt sind. Was daraus geworden ist hat nicht nur seine Anhänger enttäuscht, die Weltöffentlichkeit hatte auch nach diesem stark bekundeten Willen die Dinge zu verändern geglaubt, dass dieser Mann Frieden stiften wird, überall dort wo Amerika eine wichtige Stimme hat. Den Friedensnobelpreis hat er sogar für diese in ihn gestellte Erwartung bekommen. Aus dem stolzen Wort ist allerdings die Erkenntnis geblieben, dass der stärkste Mann im weissen Haus ferngelenkt wird von den Lobbys. Waffenindustrie, jüdische Staatsbürger und Wallstreet haben ihn fest im Griff: ohne ihre Zustimmung geschieht nichts, kein Friede zwischen Israel und Palästina, keine Annäherung an die Muslimische , nicht die in Aussicht gestellte Dialogbereitschaft mit den Krisenherden in der Welt. Aussenpolitisch wurde dem Präsidenten das « Können » stark eingeschränkt. Innenpolitisch war er der Präsident des kleinen Mannes, und ist eben deswegen auch der bessere Kandidat. Ob das allerdings genügt den superreichen Romney zu schlagen?
Stahlindustrie in Bedrängnis…
Symbolhaft mutet die Stahlkrise an: wegen mangelnder Nachfrage will Arcelor Mittal Werke schliessen, in Frankreich Luxemburg und sonstwo in der Welt. Die Gewerkschaften der Grossregion haben nun gemeinsam einen Plan erarbeitet, indem sie das Fortbestehen der Betriebe unter staatlicher Führung anpeilen, noch keine Verstaatlichung, etwas dazwischen. Tausende von Arbeitsplätzen sollen damit vorläufig gerettet werden. Den Schliessungen würde erst mal ein Riegel vorgeschoben. Das Trauerspiel um die Verhöckerung des luxemburgischen Konzerns Arcelor an den Inder Mittal sollte nochmals in Erinnerung rufen, dass es damals einen Plan B gab: der Franzose im leitenden Gremium der Arcelor, Guy Dollé, hatte Kontakte zu der russischen Severstal als mögliche Alternative zu dem Deal mit dem Inder vorgezeigt. Der Luxemburger Kinsch war für Mittal, wie auch der Wirtschaftsminister, der als Mitglied des Verwaltungsrates nicht uneigennützig an dem Handel war. Nun kommt erneut Severstal ins Gespräch um das Werk im französischen Grenzgebiet zu übernehmen. Die Geschäftspraxis der Mittalfamilie ist denn überaus durchsichtig: veräussern was noch Einnahmen bringt, und dann den Standort Luxemburg seinem Schicksal überlassen! An der Bedeutung der Stahlindustrie für eine ganze Region, an der Symbolkraft, die von der ursprünglichen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ausging kann der Inder keine Wertschöpfung sehen. Sein Wertekatalog ist nämlich ein ganz anderer… Es ehrt daher die Gewerkschaften dass sie auch grenzübergreifend nach Lösungen suchen. Sollte Severstal nun doch ins Geschäft kommen, es wäre immerhin eine Alternative zum brutalen Aus des Inders, mit tausenden von Arbeitslosen und dem zurückgelassenen sanierungsbedürftigen Schrott! Allemal ein trauriges Kapitel in der Industriegeschichte der Grossregion. Nicht von ungefähr haben nämlich Jean Monnet und Robert Schuman die Wiege der späteren EU an dem Projekt der Einheit von Kohle und Stahl festgemacht: die aus der industriellen Tätigkeit erwachsene kulturelle Einheit in der Nähe der Hochöfen und Kohlengruben war ein starker Kit der die Belegschaft zusammenschweisste und somit den Nährboden zum künftigen europäischen Zusammenhalt bildete.
Schnupftabak, Edmund Stoiber und Dalli…
Die europäische Kommission scheint echt in Bedrängnis zu kommen…am Rande der nicht sehr freundlichen Unterredung des geschassten Kommissars mit dem Präsidenten, taucht nun auch Edmund Stoiber auf! Er solle versucht haben Einfluss auf den Gesundheitskommissar auszuüben, indem er sich zum Sprachrohr bayrischer Tabakproduzenten einbrachte. An sich kein anormaler Vorgang, in den Brüsseler Gängen und am Rande der Ausschusssitzungen trifft man sich, schnell sind Worte gewechselt-off the records, versteht sich- der Rest wird nachgereicht…und eben um diesen Rest geht es jetzt. Was Stoiber sagte dürften er und der Kommissar allein wissen, was aber auf dem Papier der bayrischen Industriellen steht, das hinterlässt Spuren. Hätte es diesen Vorfall nicht gegeben, der Antrag wäre gewiss von den bayrischen Abgeordneten bei der Diskussion um die Richtlinie eingebracht worden, so wie es geschah bei der Staubpartikeldirektive, beim Verbot der Phtalate im Spielzeug, und dergleichen Beispiele gibt es in Hülle und Fülle. Der Vorfall um den Gesundheitskommissar zeigt nun allerdings dass die Lobbyisten sich vorwagen bis zum Verfasser der ursprünglichen Gesetzestexte. Es wird dann schwieriger für die Öffentlichkeit nachzuvollziehen wer wo welchen Einfluss nimmt. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Dass nun ein Kommissar gehen musste ist die Spitze des Eisbergs. Eigentlich müsste Stoiber auch gehen, immerhin hat der Versuch der Einflussnahme zugunsten eines Wirtschaftszweiges Anrüchiges an sich für den Leiter einer Behörde. Aber dafür wird sich kaum jemand stark machen, denn die nächste Frage für die Bayern wäre ja dann: Wohin mit Stoiber…
Yves Mersch Opfer der Frauenquoten im EP?
Zu der Anhörung des vom Rat vorgeschlagenen Kandidaten für den Gouverneursposten der europäische Zentralbank kam es erst mit Verspätung: die britische Vorsitzende hatte Einspruch eingelegt, da ihr Brief an den Vorsitzenden (van Rompuy oder Juncker??) nicht rechtzeitig oder den Umständen entsprechend, umfassend genug, beantwortet worden sei. Die Ausschussvorsitzende, die Liberale Sharon Bowles, drängt auf Berücksichtigung der Frauenquoten. Mit der Nominierung von Mersch, dessen Kompetenz ausser Frage steht, werde bis 2018 keine Nominierung einer Frau mehr möglich sein, demnach wäre jetzt der Zeitpunkt statt Mersch eine Kandidatin vorzuschlagen. Die Quadratur des Kreises verlangt dies allemal: zu Merschs Nominierung kam es erst nach längerem Geplänkel im Rat, ob denn Luxemburg zwei wichtige Posten besetzen dürfe: neben Juncker noch Mersch, das wäre zuviel. Mit vorsichtiger Diplomatie hat Juncker-der ja bekanntlich (bis auf weiteres) sein Amt als Vorsitzender der Eurogruppe abgeben wird, Mersch durchgesetzt…allerdings ohne die Rechnung mit Frau Bowles zu machen. Dies ist umso erstaunlicher als Juncker ein Meister im Dialog mit dem Parlament ist und jederzeit die ehemalige französische Vorsitzende des Ausschusses, Pervenche Bérès, einzubinden wusste in seine Vorhaben. Hat er zu der Britin nicht den Draht, war ihm etwa die Wichtigkeit der Forderung nicht bewusst, was kaum zu glauben wäre, da er kein Machotyp ist der von Frauen in Führungsgremien abgeschreckt wäre? Dass Yves Mersch nicht unbedingt sein Wunschkandidat war könnte verständlich sein, mehrmals hat der Chef der luxemburgischen Zentralbank die Regierung Juncker kritisiert wegen Mindestlohn, Indexierung der Löhne und dergleichen mehr. Nun ist allerdings die Zwickmühle so gewesen dass Mersch nicht nur für Luxemburg steht, sondern für den « Norden » der Eurozone. Wieso der Eurorat dem Parlament neben Mersch nicht auch eine Frau zur Abstimmung vorschlug ergibt sich demnach aus diesem, an sich heiklen, Vorgang. Dass gerade eine Britin, aus einem Nichtmitgliedland der Eurozone die Blokade anführt, mutet doppelt skurril an. Lügen gestraft werden allerdings jene die das Quotenproblem minimisieren, da droht sich eine weibliche Solidarität im EP erst recht aufzubauen. Wortmeldungen in diese Richtung sind äusserst kontraproduktiv! Ob der Luxemburger es am Donnerstag schafft ist ungewiss: die EVP hat ihre Zustimmung gegeben, damit wäre die stärkste Fraktion eingebunden. Allerdings erfolgen Abstimmungen nicht nach Fraktionszwang. Die Grünen, Liberalen und Sozialisten werden vermutlich mit wenigen Ausnahmen den Vorschlag des Rates ablehnen-nicht wegen Mersch, sondern wegen der Vorgehensweise- bleiben die Eurskeptiker und Extremisten, nicht viele Stimmen, aber in solchen Fällen manchmal relevant. In der Zwischenzeit hat Viviane Reding eine Quotenregelung in der Kommission eingebracht, von den 27 Kommissaren sind 11 dagegen… Die Kompetenz von Yves Mersch steht nicht zur Debatte, Namen von möglichen glaubwürdigen Kandidatinnen zirkulieren allerdings keine….
Gipfel der Auseinandersetzung
Merkozy ist vorbei, die Kluft zwischen Deutschland und Frankreich wird demnächst offen ausgetragen. Zwei entgegengesetzte Meinungen erklären denn auch woran es liegt dass der Streit um das Geld kein Ende nehmen will. Frau Merkel möchte dass die Haushälter in den Mitgliedstaaten an die Mangel genommen werden von der Kommission. Hollande möchte dass der Zusammenschluss der Banken neues Geld in die Wirtschaft einfliessen lasse. Dort wo die deutsche Kanzlerin das starke Geld, dem angepeilten Wirtschaftswachstum vorzieht, will der Franzose das Kaputtsparen verhindern. Dass die beiden aus nationaler Sicht recht haben, ist sonder Zweifel aus ihrer wirtschaftlischen Vergangenheit herauszulesen. Die Agenda 2020 hat den Deutschen ohnehin das Sparen auferlegt, Eineuro Jobs hielten gleichzeitig die Arbeitslosigkeit in Grenzen, also es wurde nicht nur gespart sondern auch mehr gearbeitet. Dass der Binnenmarkt dem Wirtschaftswachstum Deutschlands geradezu auf den Leib geschrieben war, den Export deutscher Güter äusserst günstig begleitete, führt jedoch zu keinerlei Solidaritätsbekundung. Wer hat der hat! Nicht so in Frankreich, es gab keinen Präsidenten der die beiden Prinzipien, mehr arbeiten und sparen umzusetzen vermochte. Das Scheitern Sarkozy’s, der das deutsche Beispiel seinen Landsleuten vorhielt ist schliesslich auch daran gescheitert, dass es eben nicht machbar ist eine Symbiose zwischen zwei so unterschiedlichen Völkern herzustellen. Nicht von ungefähr sagt man gerne dass gut leben heisst « wie Gottvater in Frankreich ». Nun weiss der französische Präsident dass ihm der Aufpasser der Kommission den Frau Merkel einsetzen will übel mitspielen könnte, wenn er denn die Staatsschuld in seinem Haushalt nicht zu drosseln vermag. Wenig Europa kommt in diesen unterschiedlichen Meinungsäusserungen zu Wort. An gesamteuropäischer Strategie gegenüber den Finanzmärkten hat der Gipfel wenig positive Aussagen gebracht, im Gegemteil: für Spanien, Griechenland Portugal eine Zitterpartie, für andere wahrscheinlich auch in nächster Zukunft. Das deutsch-französische Gespann hat demnach auf den Punkt gebracht was schon längst gewusst ist: ohne Deutschland läuft eben nichts in der EU. Aber beide sollten sich merken was Binsenwahrheit ist: Geld regiert die Welt!