Da müpft der kleine Koalitionspartner auf: die Sozialisten wollen den ehemaligen Justizminister, derzeitigen Finanzminister Luc Frieden nicht unterstützen beim Misstrauensantrag demnächst im Parlament. Ob sie wohl vergessen haben wie Juncker seinerzeit ohne Wenn und Aber den Arbeitsminister Schmit stützte, nachdem dieser sich in einer persönlichen Angelegenheit mit der Polizei anglegt hatte, und sein Rücktritt gefordert wurde. Aber das Kurzzeitgedächtnis der Genossen sollte vielleicht dahin aufgefrischt werden, dass jeweils der Koalitionspartner der ausschert die Wahlen verliert. So ging bisher im Rückblick die Politik der Koalitionsregierungen im Grossherzogtum. Dass es für den Koalitionspartner nicht von besonders rühmlichem Verhalten ist, nichts von der Einmischung des Justizministers in die Aufklärungsarbeit des Staatsanwaltes gewusst zu haben, zeugt von schlechter parlamentarischer Arbeit! Wenn denn nun Juncker auf den Vorschlag einginge, im Herbst das Volk zu seiner Wiederwahl aufriefe, da die Genossen ihm wegen mangelhaften Vertrauens in einen gewesenen Justizminister die Gefolgschaft versagen, hätte das eine kurze Wahlkampagne zur Folge und gemäss aktueller Umfragen würde die LSAP als zweitstärkste Partei noch überholt. Gewinner wären sie demnach keinesfalls, Hätten wahrscheinlich dem Regierungschef den grössten Dienst erwiesen: diese Regierung ist jedenfalls derzeit denkbar schlecht aufgestellt noch ernstzunehmende Reformen anzugehen.
Der Rechtsstaat wackelt….
…wenn die Politik eingreift. Bommeléer Prozess und Geheimdienst- Untersuchungsausschuss haben den Kleinstaat, der sich Grossherzogtum nennt, in Bewegung gebracht. Sensibel ist die Angelegenheit allemal, da jeder jeden kennt – zumindest die Luxemburger unter sich- und der bestens über die Presse informierte Bürger sich so seine Gedanken macht. Der Vertrauensverlust ist gross, Politik und Ordnungskräfte bekommen einiges mit. Wer an der Effizienz der Justiz zweifelte wurde nun eines Besseren belehrt! Seinerzeit Justizminister, hat Luc Frieden, derzeit als Finanzminister wegen der Cargolux und den Verhandlungen mit dem Emir aus Qatar bereits unter Beschuss, beim Staatsanwalt mehrmals nachgefragt, wann denn die Untersuchungen um die Attentate abgeschlossen seien. Vom Staatsanwalt wurde dies als Einmischung aufgefasst, der ungeduldige Unterton, ob denn das Gericht keine anderen Affären (wichtigere?) zu behandeln habe, empfand er als Einmischung. Nun war sich der damalige Justizminister, Neuling in der Politik, wahrscheinlich nicht bewusst, wie der Ton ankomme…schliesslich macht der Ton die Musik. Seine Aussage vor dem Justizausschuss des Parlamentes, er bereue nichts, stehe zu seiner Meinung, hat das Fass zum überlaufen gebracht. Dem besonnenen, kaum aus der Ruhe zu bringenden, Staatsanwalt riss die Geduld: dem erfahrenen Magistraten war dies Einmischung der Politik. Dass er sich erst ein Jahrzehnt dazu öffentlich äusserte zeigt immerhin wie gross seine Loyalität der Politik gegenüber war, schliesslich hat auch er seine Meinung zu den Attentaten und geht sogar in die Literatur ein mit seinem Satz: Et war net keen! Indessen warten die Abgeordneten auf den ehemaligen, untergetauchten, Direktor der Rechnungskammer, zwecks Aussage zu seiner Rolle im Geheimdienst(!), und ein Abgeordneter der Kleinpartei ADR gibt öffentlich zu als ehemaliger Militär, später Botschafter der grossherzoglichen Regierung, ein Doppelagent gewesen zu sein, für KGB und CIA! Die Russen an der Nase rumgeführt habe er dank des luxemburger Geheimdienstes…. Alles ein bisschen viel für die Landsleute, wären nicht schon Steuerhinterzieher am Werk den guten Leumund des Grossherzogtums im Ausland zu zerstören, auch im Inland fragt man sich wer denn die sind die da an den Fäden der Macht ziehen, wem man noch glauben könne und wer überhaupt noch das Vertrauen verdiene, das bisher die politische Stabilität sicherstellte.
Türkischer Frühling?
Sie traute sich, die Facebook Generation, zur Demo aufzurufen. Aus 100 Jugendlichen wurden mehr als 10.000 in nicht einmal einer Woche. Damit ist allerdings der Widerstand gegen die autoritäre Art der Regierung Edogan noch kein Flächenbrand. Ging es zuerst um 600 Bäume die in Istambul einem Einkaufszentrum und dem Wiederaufbau einer ottomanischen Moschee zum Opfer fallen sollten, hat sich die Bewegung ausgebreitet. Von der parlamentarischen Opposition wurde sie instrumentalisiert, ist aber mehr denn je das Sprachrohr einer neuen Generation die genug hat von den strengen Regeln des muslimischen Premierministers und Möchtegern-Präsidenten. Ungelegen kommt der Aufstand, denn es gäbe genug Konflikte zu beruhigen, nicht nur an der syrischen Grenze sondern vor allem in Richtung Kurden, deren Zustimmung Erdogan im Parlament braucht um seine Verfassungsänderung durchzupeitschen, um bei den kommenden Wahlen als Präsidentschaftskandidat antreten zu dürfen. Grosse Gebiete in Anatolien stehen allerdings zu ihm, der die laïzistische Türkei Atta Türks zu ihren muslimischen Wurzeln zurückführte, darüber allerdings vergass dass die Glaubensväter der Juden und Christen einige Jahrhunderte früher als der Prophet im Zweistromland wirkten. Der Konflikt um Bäume und ein Einkaufszentrum wird weniger von religiösen Motiven als von dem Drang zu Freiheit und Modernität bestimmt, das allzu intensive Eingreifen des Regierungschefs in die Lebensgestaltung seiner Mitbürger stösst übel auf. Fragt sich auch in der Türkei auf wessen Seite die Armee steht. Nachdem die Ordnungskräfte durch eingreifen von Staatspräsident Gül zurückgepfiffen wurden, ist ungewiss auf welche Art der Premierminister Zucht und Ordnung herstellen will, ohne gewaltsames Eingreifen. 1000 Festnahmen bei 10.000 Manifestanten sprechen Bände, sogar wenn die meisten inzwischen wieder frei sind. Wie wenig die EU sich dessen bewusst ist was im Orient in Bewegung ist, zeigte die Unfähigkeit sich zu einem gemeinsamen Beschluss im Waffenembargo um Syrien durchzuringen. Beim Kampf zwischen Schiiten, Sunniten und Alawiten sollten die Minister vielleicht erst einmal Nachhilfeunterricht in Religionsgeschichte nehmen, dann käme vielleicht besser ans Tageslicht wessen Seite die Waffenverkäufer aus Europa wirklich unterstützen wollen.
Waffenlieferungen nach Syrien…
….sind nun der nächste Schritt der Europäer im syrischen Konflikt. Keine gemeinsame politische Entscheidung, dazu konnte man sich erneut nicht durchringen. Nationale Lieferungen aus Frankreich und Grossbritannien werden demnächst möglich sein! An wen, das steht offen…denn die « Opposition » ist ja alles andere als eine homogene Gruppe die gegen einen Diktator kämpft! Da gibt es eine Vielfalt aus verschiedenen, auch fundamentalistischen, Strömungen. Der ganze mittlere Orient könnte so richtungsweisend beeinflusst werden. Ob nun gerade die Briten und die Franzosen im internationalem Interesse handeln, oder lediglich die eigene Macht im Blick haben, das konnten die EU Minister natürlich nicht hinterfragen. Sicher ist allemal dass dort wo die Herstellung von Waffen und die Rieseninvestitionen in neuartige Kampfmethoden auch eine wirtschaftliche Rolle spielen, Abrüstung und weltweiter Friede nicht das Hauptanliegen sind. In Syrien hat Assad inzwischen seine Macht gefestigt, ungewiss ist mehr denn je wie der Bürgerkrieg endet, ob er überschwappt und alles in Bewegung bringt, einzig und allein um der Hetzbolla Herr zu werden und den israelischen Hardlinern zu Gefallen zu sein? Schäbig war die Entscheidung für das Image der EU, als unbedeutend wurde sie kommentiert, da nicht einheitlich. Die EU hat gezeigt dass sie derzeit in der Welt nicht mehr mitreden kann, die USA,Russland,China nehmen sie als Partner kaum noch ernst. Auch Deutschland mischt derzeit kräftig mit wenn es um Waffenlieferungen geht. Nicht von ungefähr ist die innenpolitische Krise um Drohnen erst jetzt ausgebrochen: im Klartext heisst es doch dass Riesensummen in die Entwicklung neuer Waffen investiert wurde, wohl kaum um Deutschland gegen die andern EU Staaten militärisch zu verteidigen, sondern eher um mit deutscher Technologie den Rest der Welt aufzurüsten und damit gute Geschäfte für die deutsche Wirtschaft zu erzielen.
Aus für Luxemburg?
Die EU hat mit dem grossen Reinemachen begonnen. So wie beim Osterputz wird erst mal alles gelüftet, von den Steuerhinterziehern bis zu den bekannten und gängigen Methoden der Betriebsbesteuerung. Manches klingt so als hätte man es erst jetzt entdeckt! Dabei war es kein Geheimnis dass Betriebe ihre Gewinne dank Schachtelgesellschaften hin und her schoben, und so an der Steuer vorbeizogen. Das galt für jeden, auch für die Luxemburger Steuerverwaltung gab es diese Art von Kapitalflucht, die vom deutschen Bund der Steuerzahler angeprangert wird. Ob denn nun die staatlichen Zuschüsse und alle Vorteile die jeweils in jedem Land bei Betriebsgründungen gewährt werden, auch unter den Hammer kommen, das steht zur Zeit noch nicht an. Fürs erste wird es als Erfolg angesehen dass Luxemburg und Österreich nun mehr auf ihr Bankgeheimnis verzichten. Der Finanzplatz Luxemburg wird etwas kleiner, Banken und ausländische Niederlassungen wird es auch in Zukunft dort geben. Dass das Land mit Zypern in einem Atemzug genannt wird, zeugt nämlich von der schlechten Kenntnis der wirtschaftlichen Daten! So wie mich ein britischer Kollege einst fragte was es denn mit Mittal und Luxemburg auf sich habe. Als ich ihm die Bedeutung unserer Strahlindustrie erklärte, von den Grey Träger die aus Luxemburg am Bosphorus und in Manhatten und anderswo in der Welt zum Brücken und Hochbau eingesetzt wurden, da staunte der weitgereiste Mann. Für ihn war Luxemburg so eine Touristenstadt, nicht ein Land mit eigener Industrie und einer jahrtausendalten Geschichte. Solche Vorurteile gibt es in Hülle und Fülle. Gewiss hätte das Land ein besseres Marketing verdient, mit Farbfotos die für den Tourismus werben ist nicht genug getan. Gerade jetzt müssten Profis für Globalmarketing her, Journalisten der Weltpresse müssten das Bild des Landes so konkret darstellen dass es auch greifbar wirkt. Die Vielfalt der Kulturen, Sprachen, Nationen in friedlichem Zusammenleben, die Naturschönheiten, die industriellen Möglichkeiten und die kurzen Wege bieten Vorteile die es anderwärts nicht gibt. Ausserdem ist das Land in punkto hightec bestens aufgestellt, Kabelvernetzung so intensiv wie kaum in einem anderen Nachbarland. Der Angriff ist die beste Verteidigung: genug ist allemal der Schmach die das Label « Steuerparadies » uns eingebracht hat. Davon haben viele profitiert, die Luxemburger wohl am wenigsten. Nun heisst es auf zu neuen Ufern!