Die entscheidenden letzten Tage dieser unmöglichen Prozedur stehen nun an. Wird Juncker es schaffen seine Mannschaft auch beim Parlament durchzusetzen? Egentlich ist es ja nicht « seine » Mannschaft, er musste wohl oder übel die Vorschläge der Regierungschefs akzeptieren. Dass die Frauenquote bei der slovenischen Neunominierung eine Rolle spielte ist denn auch jetzt die Quizfrage für das Parlament: stimmt es für die Slovenin, so fällt der Frauenanteil nicht hinter jenen der Barroso Kommission, sie wäre jedoch, nach allen Informationen über Frau Bulc,eine typische Quotenfrau.Wenig Kompetenz in den ihr zugeteilten Ressorts hat sie, wird ausserdem noch belästert durch ihre Neigung zu Esoterik. Juncker hat die Kandidatin nach einem Gespräch für gut befunden. Vielleicht wird er sich sogar ihre esoterischen Erfahrungen zu Nutze machen. Insbesondere die EVP Fraktion ( Herbert Reul, zuständig für Verkehr) wehrte sich lautstark gegen die Kandidatin. Nun muss der Frau Bulc allerdings auch das Recht auf ein Privatleben zugestanden werden, das sich auf ihrem Blog äusserst vielfältig anliest. Ihre Firma Vibacom bietet « Business solutions » an. Gar wurde sie vielleicht deshalb vom Kommissionspräsidenten in spe für tauglich befunden. Was könnte er in der Tat besser gebrauchen als jemanden der ihm Lösungen anbietet. Fragen und Probleme gibt es genug. Sein Programm dürfte bei der Vorstellung am Mittwoch morgen im Plenum für die ganze Aufmerksamkeit sorgen. Schon jetzt hat er seine Kommission deutlich von den Vorgängern abgegrenzt. Analysten bescheinigen ihm sogar grösseren Weitblick als Jacques Delors. Für Juncker wird es, knapp ein Jahr nachdem eine Dreierkoalition aus Grünen, Liberalen und Sozialisten ihn in Luxemburg um den Wahlsieg brachten, ein Neuanfang. Dem belesenen Literaturkenner möchte man mit Hermann Hesse sagen dass « jedem Anfang ein Zauber » inneliegt. Was braucht die EU schliesslich mehr als die Begeisterung der Gründerväter? Konfliktpotenzial gibt es genug in der Welt. Auch wenn die Prozeduren langwierig undmanchmal unmöglich scheinen, so haben doch 28 Staaten es geschafft einander zu achten und sogar Solidarität bewiesen. Auch wenn die Reden nicht immer den Taten entsprechen.
Wurst und die Kommissare im EP
indessen über die Kommissare abgestimmt wurde und die Slovenin ersetzt werden soll, hat sich die Fraktion der Grünen mit dem (oder der?) Eurovisionsgewinner (in?) getroffen. Geschlechterdiskriminierung, Intoleranz und Diskriminierung von Homosexuellen standen auf der Tagesordnung. Damit punktet die Fraktion in den Presseberichten. Indessen stehen die Kommissare Junckers noch nicht fest. 21 wurden bestätigt, mittlerweile hat auch Moscovici es geschafft. Die Abstimmung über den ungarischen Kommissar im Kulturausschuss war allerdings etwas zweideutig: 14 Mitglieder stimmten für ihn, 12 dagegen,und mit zwei Enthaltungen, da hätte es eine Mehrheit für den Ungarn gegeben. Anlässlich einer zweiten Abstimmung im Kulturausschuss wurde jedoch mehrheitlich dagegen gestimmt dass das Kulturressort ihm anvertraut werden soll. Sybillinische Beschlussfassung demnach: Orbans Regierung kann sich immerhin darauf berufen, dass eine Mehrheit ihrem Kandidaten eine Zustimmung gab, der Ball liegt demnach bei Juncker. Welches andere Ressort? Das dürfte allerdings eine Quadratur des Kreises sein! Es käme dann wieder Bewegung in die, unter schwierigsten Verhandlungen durchgesetzte, Verteilung der Kompetenzen. Ob sich etwa mit Slovenien den Deal machen lässt? Kenner der Szene um den ungarischen Ministerpräsidenten räumen einem Einlenken wenig Chancen ein. Ohnehin wird der Präsident der Kommission in dem Ungarn seinen schärfsten Gegner haben. Ob er sich jetzt zum Einlenken bewegen lässt, ist fraglich. Der Kulturausschuss, ansonsten mit reichlich wenig Macht ausgestattet spielt hier gar den Mann und nicht den Ball! Ein Kommissar der Befugnisse über etwa 1% des gesamten europäischen Haushaltes hat, ansonsten über keine politischen Kompetenzen verfügt, da Kulturpolitik immer noch dem Mehrheitsprinzip unterliegt, Regulierungen im Kulturbereich nicht zur europäischen Kompetenz gehören, demnach keine gesetzgeberische Tätigkeit vorliegt, sollte wegen der Abstimmung eines ansonsten nicht sehr bedeutenden Ausschusses verhindert werden? Da hat sich das Parlament wohl einen Bärendienst in punkto Glaubwürdigkeit geleistet!
Kosovo: becoming European through Culture.
Ein neuer Staat. 2008 aus der Taufe gehoben, Ende eines Bruderkrieges im Balkan. Nicht alle Mitgliedstaaten der EU waren bereit die neue Republik anzuerkennen. Ethnische Säuberungen hatten ihr Unheil angerichtet, Kosovo-Albaner gehörten immerhin zu beträchtlichen Flüchtlingskontingenten während der Balkankriege. Aus dem Zerfall des Vielvölkerreiches, unter starker Faust von einem Marschall zusammengehalten, hat sich der oder das Kosovo herausgebildet. Aus Trümmern eine neue Gesellschaft aufbauen, dabei resolut auf die Kultur setzen: ein Novum im 21. Jahrhundert! Die dynamische Mannschaft um den Ministerpräsidenten, (zurzeit ist nicht gewusst ob er es noch ist…)glaubt daran dass sie ohne die geschichtlichen Hintergründe aufzuarbeiten zu neuen Ufern aufbrechen kann. Ihr Credo: nach Westen, nach Europa. Das ECP (European Cultural Parliament) war dort eingeladen zu seiner jährlichen Sitzung. Und es wurde diskutiert, über Nation und Nationalität, Kunst und Erneuerung, Frauen im Kunstbereich, letztlich war auch der Konflikt in der Ukraine präsent. Sich nicht von Propaganda einschüchtern lassen, nicht verbiegen lassen von den Mächtigen die doch auf die Unterschrift eines Gergievs setzen, und ihm damit eine Falle gestellt haben: die Achtung vieler Kollegen hat er eingebüsst, als er den Unterzeichnern des Manifestes Intellektueller für Putins Politik in der Ukraine seine Zustimmung gab.
Folgende Resolution wurde verabschiedet:
Prishtina declaration of the European Cultural Parliament Lire plus…
Umweltkommissar und Pestizide
Vor den Abgeordneten musste er Rede und Antwort stehen, wie er denn gedenke Umweltpolitik zu gestalten. Für den Neuling war die Anhörung wie Spiessrutenlaufen. Manches wurde ihm schon unterstellt bevor er noch sein Programm dargelegt hatte. Nicht mehr verantwortlich wird er sein für die EFSA die europäische Lebensmittelbehörde, des öftern in den Schlagzeilen.Diese kommt zu dem Gesundheitsressort, was auch einer Logik entspricht. Geduldig antwortet der designierte aber noch nicht bestätigte Kommissar auf die Fragen der Abgeordneten. Wie es denn mit der Umsetzung der europäischen Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten sei, so der ehemalgige Vorsitzende des Umweltausschusses, der deutsche Abgeordnete Karlheinz Florenz. Das sei in der Tat ein Problem, so Vella, und zählt eine Liste auf mit dem letzten Stand der Umsetzungen in den Mitgliedstaaten. Damit hat er wohl ins Schwarze getroffen, es happert nämlich gehörig mit der Umsetzung. Allerdings so ganz ist damit das Problem nicht abgetan. Auch ist diese Frage nicht dem Umweltkommissar zu stellen, da müsste das Parlament seine eigene Arbeitsweise überdenken. Derzeit hat eigentlich nur die Kommission das Recht säumige Staaten zu ahnden, dem Parlament fehlt eine wichtige Funktion guter legislativer Arbeit, nämlich das Kontrollrecht über die Umsetzung der Gesetzgebung. Da wäre eine institutionnelle Reform angebracht.
Zu den brisanten Themen der Intervention von Lobbyisten bei der Kommission hätte zumindest die Frage gestellt werden müssen wieso denn kurz vor dem Inkrafttreten der Regulierung in Sachen Pestizide 2008, die Behörde der Kommission die Laufzeit des endokrinen Fungizidpräparates Carbendazim, auch Carbendazole, um zehn Jahre verlängert hat. Damit sind alle Vorgaben der Regulierung für dieses Produkt ausser Kraft, die Regulierung kann zur Anwendung kommen, ohne dass das Produkt vom Markt verschwindet. Zum derzeitigen Unfall mit Pestizidverseuchung im Trinkwasser wäre ein diesbezüglicher Untersuchungsausschuss angebracht. Wer beherrscht da die öffentliche Gesundheit? Inwieweit werden die europäischen Gesetze von den Lobbys der Chemie hintertrieben, wer hat wo interveniert um solche Bauernfängerei zu ermöglichen! Solange die EU Parlementarier ihre Arbeit nicht mit akribischen Einsatz erledigen, solange wird der Skandal nicht öffentlich. Da wird wohl kaum ein Kommissar vor den Gewählten zittern!
Klimawandel
ist wieder ein Thema, weltweit. Demonstriert und geredet wird, nachdem ein weiterer Bericht der internationalen Expertenkommission bestätigte dass die Zeit drängt, dass CO2 Ausstoss und Förderung der Kohleinsdustrie negative Folgen haben werden. Dass seit 2007 unter deutscher Präsidentschaft das Europaparlament die Kommission und der Ministerrat wichtige Texte verabschiedeten, unter der Formel 20-20-20 in die Sprachregelung eingegangen, scheint vergessen. Nun kommen erneut manche Ansätze des schon beschlossenen Textes zur Sprache. Gebäudesanierung war ein Grundsatz zur Einsparung von Heizkosten, lediglich die verhassten Sparlampen sind von der Rubrik 20% Einsparungen übriggeblieben. An erneuerbaren Energien ist ebenfalls das Ziel der 20% nicht erreicht, und weit höhere Prozentsätze sind neue Ziele der Klimaexperten. Wie diese erreicht werden können ist allerdings angesichts der lahmen Investition in die Forschung nicht ersichtlich. Zur Erklärung dient die allgemeine Flaute der Wirtschaft, wohingegen gerade diese Investitionen den notwendigen Schub geliefert hätten, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. In New York wird auch diesmal wieder die gerechte Lastenverteilung in punkto Entwicklungsländer zur Sprache kommen: die Schaffung eines Fonds aus « Strafgeldern » der Verschmutzer steht auf der Tagesordnung. Keine neue Idee, da schon 2007 vorgeschlagen. Gefehlt hat allerdings damals die Behandlung der Klimazertifikate im Hinblick auf die Wirtschaftskrise. Der Stahlgigant Mittal hat immerhin mit stillgelegten Betrieben « Einsparungen » auf Kosten der Arbeitnehmer zu gutem Geld machen können. Eine Klausel für diesen Fall hatten die Verhandler von 2007 nicht vorgesehen. Sollten sie diesmal darauf achten, dass nicht auf Kosten der Arbeitsplätze im entwickelten Teil der Welt eine Scheinsanierung des Klimas beschlossen wird.