…zu mehr Mitspracherecht des EP bei der Wahl des Kommissionspräsidenten, indem die europäischen Parteien mit ihren jeweiligen « Spitzenkandidaten » richtungweisend würden, erstaunt. Hatte doch die BRD am 12. Mai 2005 dem ursprünglichen Verfassungstext, der die Wahl eines Präsidenten des europäischen Rates vorsah, zugestimmt, so scheint dies Schnee von gestern. Kein Verlass demnach auf Positionen die Deutschland unter vorigen Kanzlern eindeutig bezogen hat! Kontinuität in der Politik ist das wohl kaum, auch sogar dann, wenn diesmal Frau Merkel in der Sache Recht hat. Es steht den europäischen Parteien in der Tat nicht zu die Designierung des Kommissionspräsidenten im Vorfeld der Prozedur zu veranschlagen und damit Wahlkampf zu machen. Das Personenkarussell dreht sich ohnehin schon zu schnell. Manchmal scheint es dem europäischen Bürger als hätte die Brüsseler « Nomenklatura » nur vorrangig Personenkult im Kopf. Viele Namen sind in der Tat schon im Spiel, vielleicht ist es auch diesmal so, dass Nichtgenannte die echten Chancenträger sind. Barroso war schliesslich auch « zweite Wahl », denn erst nachdem Juncker 2004 nicht antrat, kam der Portugiese ins Spiel. Gar hat sich Frau Merkel in ihrer neuen Koalition mit der SPD auch nicht festlegen lassen, den deutschen Kandidaten Schulz zu benennen…Indessen kürt die PPE ihren « Spitzenkandidaten » erst später… Zum Nachfolger von Wilfried Martens brauchte sie recht wenig Zeit, der amtierende Fraktionspräsident, der Franzose Joseph Daul, bekleidet demnächst diesen Posten, da braucht er auch zu seiner eigenen Wiederwahl im EP nicht mehr anzutreten. Die inzwischen zu einer richtigen Parteizentrale angewachsenen Büros des PPE in Brüssel sind in der Tat ein attraktiver Job geworden. Organisatorisch stark, gut finanziert und mit geringer Verantwortlichkeit vor den Parteimitgliedern, ist der Chef der Zentrale Strippenzieher bei allen wichtigen Entscheidungen der stärksten Parteienfamilie. Wilfried Martens hat seine Zeit rekordverdächtig lang genutzt um zusammenzuhalten, was eigentlich längst nicht mehr zusammengehört! Die Etikette PPE ist nämlich kein Gütesiegel mehr für fortschrittliches Denken und saubere Politik, anfällig für gute Lobbyarbeit ist sie auch, was mit handfesten Skandalen einiger Mitglieder während der vergangenen Legislatur für Schlagzeilen sorgte. Der neue Präsident wird wohl kaum eine andere Gangart einschalten als der belgische Vorgänger. Schade ist es allemal um die derart ins Zentrum der Kritik geratene Nachfolgepartei der grossen europäischen Christdemokraten. Von der Frau Merkel wäre bei dieser Benennung ein klares Wort willkommen gewesen! Wohlweislich hat sie sich da herausgehalten, mit Daul weht ihr kein starker Gegenwind entgegen…