Wer noch gehofft hatte in Ägypten habe die am Tahirplatz begonnene Revolution gegen Diktatur und totalitäre Herrschaft einem demokratischen Staatswesen mit den gewählten Muslimbrüdern Platz gemacht, ist nun eines Besseren belehrt. Es ist gewiss nicht so einfach das Geschehen von aussen zu beobachten und aus den Presseberichten die richtigen Schlüsse zu ziehen, die Gefahr dass eine bürgerkriegsähnliche Situation sich in den nächsten Tage fortsetzt ist allemal gegeben. Ob die Armee einen demokratisch gewählten Präsidenten des Amtes entheben kann und dann mit einer Kompromissregierung weiterregiert werden kann? Das Land ist in zwei Lager gespalten, einerseits die Anhänger Mursis, die lange Jahre unter Mubarak verbotenen Muslimbrüder, und andererseits die Oppositionnellen. Diese setzen sich aus mehreren Gruppen zusammen, die politische Opposition unter ElBaradei, Laïzisten, könnte man sie nennen, da eines ihrer Anliegen ist den islamischen Gottesstaat zu verhindern, dann auch Salafisten, und andere Gegner Mursis. Die mit Mehrheit verabschiedete Verfassung scheint nicht mehr zu gelten, vorerst hat das Militär grössere Gewalttaten verhindert. Von Vergewaltigungen und besonderen Angriffen auf demonstrierende Frauen wird indessen berichtet, und auf facebook und twitter haben sich Mursis Anhänger mobilisiert.
Indessen machen sich reiche Ägypter auf Familie und Kapital ins Ausland zu bringen, wenig Hoffnung scheint die Elite sich zu machen dass es so bald wieder Ordnung und Wirtschaftswachstum in Ägypten gibt. Die Aussicht dass ein demokratisch gewählter Präsident mit einer Mehrheit aus Muslimen einen toleranten Rechtsstaat errichten könnte ist nun endgültig zunichte. Mehr denn je scheint sich der von den Muslimbrüdern vertretene Kurs zu brandmarken als unnachgiebig und untolerant. Für die EU ein Zeichen, eine Aufforderung sich damit zu befassen wie ihr Modell von grossmütiger Anerkennung und Akzeptanz religiöser Vielfalt auch in der Praxis funktionnieren könnte.
Die ägyptische Revolution war eine Hoffnung und eine Perspektive, dass es mit Muslimbrüdern an der Macht eine tolerante und rechtsstaatlich gesicherte Gesellschaft geben könne. Die parlamentarische Demokratie hat sich hier wohl nicht als die richtige Regierungsform bewährt.