Sie traute sich, die Facebook Generation, zur Demo aufzurufen. Aus 100 Jugendlichen wurden mehr als 10.000 in nicht einmal einer Woche. Damit ist allerdings der Widerstand gegen die autoritäre Art der Regierung Edogan noch kein Flächenbrand. Ging es zuerst um 600 Bäume die in Istambul einem Einkaufszentrum und dem Wiederaufbau einer ottomanischen Moschee zum Opfer fallen sollten, hat sich die Bewegung ausgebreitet. Von der parlamentarischen Opposition wurde sie instrumentalisiert, ist aber mehr denn je das Sprachrohr einer neuen Generation die genug hat von den strengen Regeln des muslimischen Premierministers und Möchtegern-Präsidenten. Ungelegen kommt der Aufstand, denn es gäbe genug Konflikte zu beruhigen, nicht nur an der syrischen Grenze sondern vor allem in Richtung Kurden, deren Zustimmung Erdogan im Parlament braucht um seine Verfassungsänderung durchzupeitschen, um bei den kommenden Wahlen als Präsidentschaftskandidat antreten zu dürfen. Grosse Gebiete in Anatolien stehen allerdings zu ihm, der die laïzistische Türkei Atta Türks zu ihren muslimischen Wurzeln zurückführte, darüber allerdings vergass dass die Glaubensväter der Juden und Christen einige Jahrhunderte früher als der Prophet im Zweistromland wirkten. Der Konflikt um Bäume und ein Einkaufszentrum wird weniger von religiösen Motiven als von dem Drang zu Freiheit und Modernität bestimmt, das allzu intensive Eingreifen des Regierungschefs in die Lebensgestaltung seiner Mitbürger stösst übel auf. Fragt sich auch in der Türkei auf wessen Seite die Armee steht. Nachdem die Ordnungskräfte durch eingreifen von Staatspräsident Gül zurückgepfiffen wurden, ist ungewiss auf welche Art der Premierminister Zucht und Ordnung herstellen will, ohne gewaltsames Eingreifen. 1000 Festnahmen bei 10.000 Manifestanten sprechen Bände, sogar wenn die meisten inzwischen wieder frei sind. Wie wenig die EU sich dessen bewusst ist was im Orient in Bewegung ist, zeigte die Unfähigkeit sich zu einem gemeinsamen Beschluss im Waffenembargo um Syrien durchzuringen. Beim Kampf zwischen Schiiten, Sunniten und Alawiten sollten die Minister vielleicht erst einmal Nachhilfeunterricht in Religionsgeschichte nehmen, dann käme vielleicht besser ans Tageslicht wessen Seite die Waffenverkäufer aus Europa wirklich unterstützen wollen.