Mit dem Absingen der Marseillaise demonstrierte die französische Öffentlichkeit Nationalbewusstsein und Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus von IS. Präsident Hollande kündigte straffe Massnahmen an, Abänderung der Verfassung zur Nationalität, und Überwachung der Grenzen. In Detailfragen werden sich allerdings die Geister wieder scheiden, da wird Frankreich’s Leitprinzip « Liberté Egalité Fraternité » als Leitmotiv einer Nationalkultur so manche Einschnitte erfahren müssen. Europäische Bewegungsfreiheit, die Rechte der EU Bürger auf Toleranz und eigene Kultur stehen gar auch auf dem Spiel. Der laizistische Staat, oberster Gesetzgeber, über die Religionen gestellt, hat keine zufriedenstellende Antwort auf die Anschläge der Extremisten, es sei denn er wird zum integralen Überwachungsstaat. Oder aber er übt sich in der toleranten Integration von Menschen aus aller Herren Länder. Dass der französische Geheimdienst nicht optimal funktioniert hat bei den Attentätern von Charlie Hebdo könnte auch diesmal zutreffen. Verbindungen zu Saudi Arabien, Waffengeschäfte mit dem Ölscheich, der die IS Terroristen finanziert, werfen verfängliche Fragen für die französische Aussenpolitik auf! Nun sind Grenzkontrollen eine griffige Antwort für die Sicherheitsvorkehrungen, die Aberkennung der Nationalität, wirft allerdings die Frage auf zu welchem Staat die aus Frankreich geschassten Bürger denn künftig gehören werden. Haben sich die Vertreter von Parlament und Senat gemeinsam zur stillen Kundgebung getroffen, so war die Parlamentssitzung am folgenden Tag alles andere als eine würdige Veranstaltung. Politischer Kleinkrieg wie gehabt, mit Vorwürfen an die Adresse des politischen Gegners werden die Franzosen wohl kaum überzeugt von der Richtung die einzuschlagen ist. Ob nicht doch am Ende Ausländerfeindlichkeit die Überhand gewinnt wird sich bei den bevorstehenden Regionalwahlen zeigen. Frankreich ist sich selbst genug: Kulturnation mit « Weltsprache » und imperialer Vergangenheit. Nicht so recht in der Gegenwart angekommen ist die « France profonde », dort, wo sich die kulturelle Eigenart bewahrt hat, Traditionen noch gepflegt werden und die Menschen vielleicht arm, aber zufrieden scheinen. Eben dort wäre mehr Wissen und Offenheit gegenüber dem Fremden und Unbekannten von Nöten. Nicht überall ist Paris. Und zwischen der Bretagne und dem Pays basque ist gar ein grosser Unterschied, auch ohne Grenzüberschreitung. Meilenweit entfernt von den Prinzipien der Charta fundamentaler Rechte, wie Idealisten in der EU sie verwirklichen wollten….