Nach der Ernennung der Staats und Regierungschefs zum Präsidenten der Kommission bleibt für Jean Claude Juncker nun die zweite Hürde zu nehmen. Das neugewählte Parlament, das sich nächste Woche konstituiert, wird ihn noch vor der Abstimmung in einer Anhörung befragen. Eine Hürde die nicht zu unterschätzen ist! Klartext und manchmal peinliche Fragen haben schon manchen Kandidaten ins Stolpern gebracht. Der italienische Kommissarkandidat Buttiglione, Überlebender aus der zersplitterten Democratia Christiana, fiel 2004 einer Fangfrage zum Opfer: ein Abgeordneter verstrickte ihn in Widersprüche wegen seiner Aussage zur Homosexualität: wie er denn gedenke seine Ablehnung in Einklang zu bringen mit Antidiskriminierung, um die er sich als Justizkommissar bemühen müsse….Mit seiner persönlichen Meinung, gleichgeschlechtliche Liebe sei Sünde, stolperte der Philosoph. Und wurde deswegen von den Ehrenwerten abgelehnt! Die Anhörung könnte für Juncker ein Spiessrutenlaufen werden. Die politischen Parteien im Europaparlament begingen zwar mit der Benennung von Spitzenkandidaten Neuland: sie mauserten sich damit zu richtigen Parteien zusammen, sind nicht länger die Summe aller national gewählten Abgeordneten derselben Oboedienz. Fraktionszwang gibt es allerdings nicht! Jeder Einzelne darf frei wählen. Bei Abstimmungen zu Personen wird in der Regel geheim abgestimmt. Zu Europaparlamentariern hatte Juncker stets einen ausgezeichneten Draht, nicht nur in seiner eigenen Fraktion. Die Neugewählten kennt er allerdings nicht, und die Erfahrenen dürften auch manche Fangfrage für ihn bereithalten. Weit mehr als das Geplänkel in der Presse wiegt das Charisma und die Ausstrahlung des Kandidaten während der Anhörung. Dort muss er beweisen was ihm das Mandat bedeutet, was er umsetzen will, wo sein europäisches Glaubensbekenntnis ist.Überzeugt er und gewinnt die Wahl, dann hat er im Europaparlament einen starken Alliierten um sich gegebenenfalls auch gegen den Rat durchzusetzen. Bleiben Zweifel nach der Anhörung, verliert er etwa die Wahl, dann gibt es keinen Plan B! Demnach steht noch eine Zitterpartie bevor.