Nicht zum ersten mal, bereits bei der orangenen Revolution in der Ukraine, 2004/2005, hat die EU nicht als Schwergewicht in Sachen Aussenpolitik gegolten. Aber das ist ja auch verständlich, da es eine gemeinsame Aussenpolitik eigentlich nicht gibt. Wenn jeder nach seinem Gutdünken und vor allem nach der nationalstaatlichen Interessenslage die Probleme beurteilt, gibt es demnach wenig gemeinsame Beweggründe einem starken Gegenüber die Stirn zu bieten. Putin ist der starke Mann, der alle zum Fürchten bringt, vor allem aber Deutschland aus Eigeninteressen. Nun ist die « Revolution » in der Ukraine auch auf dem historischen Hintergrund gewachsen, der den ungleich verteilten Reichtum wohl auch zu einer Ursache der Unzufriedenheit macht.Private Industriegesellschaften im Osten gehören einigen sehr reichen Ukrainern…Interpipe kontrolliert z.B. 10% des Weltmarkts an Eisenbahnschienen und besitzt grosse Anteile an Manganlegierungen. Da sind natürlich industrielle Interessen auch weltweit gestreut. 70% der Bevölkerung fühlt sich ukrainisch, während 40 % auch russisch spricht. Der Ruf nach stärkeren Regionalstrukturen in der Ukraine macht es für eine gemeinsame europäische Haltung nicht einfacher. Nun ist das Land seit 10 Jahren in der Krise, Nachbarstaat für fünf Mitgliedstaaten der EU. Ob viel an ukrainischer Geschichte und deren kulturellen Hintergrund seither von den Europäern erörtert wurde ist zu bezweifeln. Das Etikett von Julia Timoschenko und die Menschenrechtsverletzungen des derzeitigen Präsidenten der auf Demonstranten scharf schiessen lässt sind nur ungenügende Grundlagen zu vertretbaren Lösungen. Sanktionen könnten doppelschneidig sein, angesichts wirtschaftlicher Interessen. Und wieder einmal wurde die Gelegenheit verpasst in Ruhe, mit Augenmass und vor allem rechtzeitig die Lage im Nachbarstaat zu ergründen und zu beurteilen. Sanktionen sind wohl am wenigsten dazu geeignet den Ukrainern Perspektiven und Frieden zu sichern.