Grossdemo in Strasburg. Die Eisenbahner geben sich Stelldichein. Das Europaparlament soll in dieser Woche über die Liberalisierung der Eisenbahnnetze abstimmen. Die staatlich betriebenen Eisenbahnen sollen sich dem Wettbewerb öffnen.Über die Privatisierungswelle, seit der Energiedebatte vor zwei Jahrzehnten, die dem Europäer billigeren Strom durch die Konkurrenz der Betreiber versprach, verbreitet sich Skepsis in der europäischen Öffentlichkeit. Die Unfähigkeit mit staatseigenen Betrieben die Bedürfnisse der Allgemeinheit zufriedenstellend zu erfüllen sollte durch die Privatisierung von Post, Energie und Transport bewiesen werden. Energie und Post sind bereits durchgesetzt, allerdings haben sich die neuen Dienste weder durch die Verbesserung aller Leistungen, noch durch verbilligte Tarife ausgezeichnet, dem Bürger mithin keine ausreichende Rechtfertigung geboten. Wohl ist die wirtschaftliche Öffnung der Grenzen fester Bestandteil der europäischen Einigung, staatsgeführte Betriebe mit guter Qualität und sicherem « Public service » scheinen sich nicht gegenüber der Liberalisierungslobby behaupten zu können. Kein Wunder, da gegen leere Staatskassen von der Möglichkeit teure Dienstleistungen loszuwerden gerne Gebrauch gemacht wurde. Welche Leistungen darf denn eigentlich der Bürger von der « öffentlichen Hand » noch erwarten? Als Margaret Thatcher sogar das Wasser privatisierte, sanierte sie damals den maroden britischen Haushalt, wälzte aber die Kosten auf die zahlenden Kunden ab. Sauberes Trinkwasser per Leitung frei haus ist dort- je nach Wohnort- seither ein fast unbezahlbarer Luxus geworden. Nun ist die Eisenbahn als grenzüberschreitendes Transportmittel im doppelten Dienstleistungsverhältnis, gilt es doch den Nahverkehr zu bewältigen, aber auch die Anbindung an das Schienennetz der Nachbarstaaten sicherzustellen. Und das ist eine europäische Angelegenheit, vielleicht sogar die « europäischste » schlechthin. Man stelle sich vor Schnellzüge führen von Riga bis Barcelona mit Hochgeschwindigkeit, ohne Systemwechsel an jeder Landesgrenze, Warentransport könnte besser auf der Schiene abgewickelt werden, Strassennetze würden damit entlastet. Das alles sollte durch die Privatisierung der Dienstleistungen nun möglich werden, allerdings bereiten die Besitzverhältnisse der Netze noch einiges Kopfzerbrechen, und outgesourcte Eisenbahner dürften mit harten Bandagen um ihre Sozialrechte kämpfen.Die Abstimmung dieser Woche wird demnach wegweisend für bessere Kommunikation werden, vorausgesetzt in den Hauptstädten richtet man sich darauf ein!