…ist das neue Wort vom « Economist » geprägt in einem Beitrag mit der Kanzlerin hoch auf der Säule abgebildet, Herrscherin über einen gekrümmten Eiffelturm und den zu Fall gebrachten Turm von Pisa. Das Bild hat es in sich, symbolisiert die Macht Angela Merkels in Europa, bescheinigt ihr dort zuständig zu sein für Sonne und Regen. Im Hinblick auf die Wahlen am 22. September spekuliert der Economist natürlich auch über deren Ausgang. Mit einer grossen Koalition sei schon zu rechnen, rot-rot-grün kaum eine gute Lösung, wie die Alternative einzuschätzen sei wussten sie auch nicht.Zu dem neuen Wort brachte es der Redakteur indem er die Gangart der deutschen Kanzlerin im europäischen Rat umschrieb. Für die Briten, mit dem Euro und letztlich auch ohne den Rauswurf der Griechen, sie, die Kanzlerin habe schliesslich die EU gerettet und zusammengehalten. Letzteres ja, ob EU und Euro allerdings durch die Haltung der Kanzlerin gerettet wurden, das ist eine andere Frage. Und da passt das Wort genau auf die Methode. Wie Machiavell hat Angela Merkel die Politik zum Machterhalt umgeformt. Seit Kohl mit Mitterand im Zwiegespann gefahren sind, jeder wohlachtend auf die Interessen der eigenen Nation, wurde der Gleichschritt zwischen Frankreich und Deutschland durch veränderte Wirtschaftsbedingungen total gestört. Der Volksmund sagt es sehr anschaulich: Während die Franzosen arbeiten um zu leben, ist es bei den Deutschen genau umgekehrt: sie leben um zu arbeiten. Aber diese pauschalen Sätze, obschon sie ein Fünckchen Wahrheit enthalten, sind mit vielen Nüancen zu betrachten, etwa mit « art de vivre » und deutscher Gründlichkeit besser umschrieben. Die Methode der Kanzlerin war es nun als die Mächtigste unter den Staatschefs, erst mal die andern sich austoben zu lassen, um dann zu sagen wo’s lang zu gehen habe. Die Kunst dabei zu sein, ohne jemals das Gesicht zu verlieren, und letztlich zu steuern dass es so geht wie es der deutschen Öffentlichkeit am besten zu verkaufen ist, haben nicht viele Kollegen ordentlich beherrscht. Schade, dass sie in letzter Instanz nun zurückruderte, Kompetenzen an die Mitgliedstaaten einfordert, ohne erst mal die gemeinsamen Interessen definiert zu haben. Ihre Macht hätte genügt die EU endgültig als das Zukunftsprojekt eines neuen Jahrtausends auf die Schiene zu setzen. Dafür steht sie nun, einsam auf ihrer Säule, mit geknickten Nachbarn und ohne europäisches Volk. Ob es die Deutschen alleine schaffen Krisenbewältigung für alle zu gestalten ist jedoch weder realistisch noch wünschenswert.
2 Responses to Merkelvellianismus…
Stefan Alexander Entel 16 septembre 2013
Die deutsche Öffentlichkeit mag Angela Merkel zufriedenstellen. In der europäischen Öffentlichkeit, die es in dieser Form leider mangels europäischer Medien (noch) nicht gibt, zeichnet sich in Bezug auf die « Lichtgestalt » Angela Merkel eine ganz andere Wahrnehmung ab.
Es ist an der Zeit, dass die Mitglieder des Europäischen Rates begreifen, dass sie nicht nur gegenüber ihren jeweiligen Landsleuten in der politischen Verantwortung stehen, sonndern als Mitglieder dieser « europäischen Regierung » Verantwortung für mehr als 500 Mio Unionsbürger tragen.
Stefan Alexander Entel 18 septembre 2013
Noch ein Wort zu diesem Beitrag:
Aus dem Umfeld von Angela Merkel ist zu hören, dass sie im Falle ihrer Wiederwahl den Versuch starten wird, das Rad der europäischen Integration ein Stück zurück zu drehen, zumindest aber zu entschleunigen. In Zukunft soll es nach ihren Vorstellungen nicht mehr Gemeinschaftsmethode, also gemeinsame Entscheidungen via die europäischen Institutionen, sondern mehr bilaterales « Geklüngel » geben. Also mehr Berlin, Paris, Rom, London, statt mehr Brüssel.
Die Vorstellungen von Europa eines Charles de Gaulle feiern fröhliche Urständ!
Politische Weitsicht und historisches Verständnis sehen anders aus!