Symbolhaft mutet die Stahlkrise an: wegen mangelnder Nachfrage will Arcelor Mittal Werke schliessen, in Frankreich Luxemburg und sonstwo in der Welt. Die Gewerkschaften der Grossregion haben nun gemeinsam einen Plan erarbeitet, indem sie das Fortbestehen der Betriebe unter staatlicher Führung anpeilen, noch keine Verstaatlichung, etwas dazwischen. Tausende von Arbeitsplätzen sollen damit vorläufig gerettet werden. Den Schliessungen würde erst mal ein Riegel vorgeschoben. Das Trauerspiel um die Verhöckerung des luxemburgischen Konzerns Arcelor an den Inder Mittal sollte nochmals in Erinnerung rufen, dass es damals einen Plan B gab: der Franzose im leitenden Gremium der Arcelor, Guy Dollé, hatte Kontakte zu der russischen Severstal als mögliche Alternative zu dem Deal mit dem Inder vorgezeigt. Der Luxemburger Kinsch war für Mittal, wie auch der Wirtschaftsminister, der als Mitglied des Verwaltungsrates nicht uneigennützig an dem Handel war. Nun kommt erneut Severstal ins Gespräch um das Werk im französischen Grenzgebiet zu übernehmen. Die Geschäftspraxis der Mittalfamilie ist denn überaus durchsichtig: veräussern was noch Einnahmen bringt, und dann den Standort Luxemburg seinem Schicksal überlassen! An der Bedeutung der Stahlindustrie für eine ganze Region, an der Symbolkraft, die von der ursprünglichen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ausging kann der Inder keine Wertschöpfung sehen. Sein Wertekatalog ist nämlich ein ganz anderer… Es ehrt daher die Gewerkschaften dass sie auch grenzübergreifend nach Lösungen suchen. Sollte Severstal nun doch ins Geschäft kommen, es wäre immerhin eine Alternative zum brutalen Aus des Inders, mit tausenden von Arbeitslosen und dem zurückgelassenen sanierungsbedürftigen Schrott! Allemal ein trauriges Kapitel in der Industriegeschichte der Grossregion. Nicht von ungefähr haben nämlich Jean Monnet und Robert Schuman die Wiege der späteren EU an dem Projekt der Einheit von Kohle und Stahl festgemacht: die aus der industriellen Tätigkeit erwachsene kulturelle Einheit in der Nähe der Hochöfen und Kohlengruben war ein starker Kit der die Belegschaft zusammenschweisste und somit den Nährboden zum künftigen europäischen Zusammenhalt bildete.