Zu einer Rede in der Assemblée nationale war der tunesische Präsident Marzouki eingeladen. Das ist an sich ein ungewöhnlicher Vorgang, da nicht jeder zu Wort kommt, und ausserdem die Tagesordnung der französischen Parlamentarier die Zustimmung der Regierung braucht….. Letzter ausländischer Besucher war 2006 der EU Kommissionspräsident Barroso. Wohl hat Sarkozy viele Besucher empfangen, so den lybischen Diktator Kadhafi, der auf der Champs Elysee zelten durfte, das Parlament hat er offiziell nicht eingebunden.Hollande macht es anders. Der neue Präsident Tunesiens war denn nun der erste Besucher, sehr umstritten, da lediglich der Chef einer kleinen Partei die mit einer Islamistengruppe taktiere, so schimpften die Abgeordneten der Rechten, die denn auch mit ihren Koryphäen dem Plenum fern blieben. Dem entgegneten die Linken, es gelte schliesslich einem demokratisch gewählten Vertreter des tunesischen Volkes die Aufwartung zu machen. Tunesien hat in der Volksbewegung der arabischen Nationen eine Vorreiterrolle gespielt. Schlussendlich waren auch die Verbindungen Frankreichs mit dem Diktator Ben Ali, der noch die Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie zu einem Weihnachtsurlaub eingeladen hatte, ins schiefe Licht geraten. Gespannt dürften alle politischen Beobachter gewesen sein was die Rede denn inhaltlich zu bieten habe. Zu den gemachten Vorwürfen dass eine islamische Partei nun das Sagen habe, entgegnete er dass es schliesslich auch anderswo in Europa christ-demokratische Parteien gäbe, eine islamisch-demokratische Partei sei demnach nicht Zeichen dafür dass das Rad der Geschichte in Tunesien zurückgedreht werde. Zum andern verlangte er Unterstützung Frankreichs bei der Rückforderung des Besitzes des Diktators. Für seine Schulden werde er nicht aufkommen! Wahrscheinlich war das ein Hinweis auf französische Waffenlieferungen an den Diktator… Noch hat sich Tunesien nicht stabilisiert, die stärkste Partei mit 90 Sitzen im Parlament ist Ennahda, eine Partei gläubiger Muslime, die, wie ehedem die C Parteien ihr Gedankengut verteidigt. Kleinere Splittergruppen zeugen vom komplexen Aufbau der jungen Demokratie. Tunesien hat es geschafft, nach langem Tauziehen aus dem Resultat demokratischer Wahlen die nicht angefochten wurden, eine Regierung nach europäischem Muster zu bilden. Ob sie lange überdauert ist die Frage….