Im europäischen Parlament werden die Posten nach Fraktionsstärke verteilt, die Abmachung zwischen den beiden grossen Fraktionen dürfte wohl kaum einem liberalen oder etwa grünen Politiker den Weg zum Präsidentenstuhl öffnen. Sie werden mit Vize-Präsidentenposten, deren es immerhin 10 gibt, getröstet. Zu der Abmachung gehört auch die Halbierung der Mandatsperiode, ein Unding! Jerzy Buzek war ein charismatischer Präsident, über den Dingen stehend, der erste aus den neuen Ländern, unbescholten von Parteienklüngelei. Er hat sich eingebracht, glaubwürdig und mit Noblesse. Dass ihm seine Ehrung für Fraga, den spanischen Franco-Gefolgsmann, zum Abschied noch einige Kritik einbrachte schmälert nicht sein Ansehen. Sein Nachfolger Martin Schulz wird ein ganz anderer Präsident….es sei denn er vergisst die Rede des Parteipolitikers! Das dürfte ihm schwer fallen. Schulz hat mit aussergewöhnlichem Rednertalent gerade politische Debatten animiert. Dort wird er fehlen denn seinem Nachfolger, dem Österreicher Hanns Swoboda fehlt das Spritzige, das in den maximal fünfminütigen Reden der Fraktionsvorsitzenden die Würze ausmacht. Verrückt wurden die Positionen demnach nicht nach Talent oder Eignung der Kandidaten, sondern nach Parteiproporz, oder interner Wahl. Dass Catherine Trautmann, die ehemalige tüchtige Strassburger Bürgermeisterin es nicht zum Fraktionssitz schaffte ist schade, sie hätte das Rednertalent gehabt, ist vermutlich aber als Französin von den Fraktionskollegen aus dem deutschsprachigen Raum nicht unterstützt worden. Sie hätte kaum der Brüsseler Lobby das Wort geredet. Da könnte die Wahl in der SDP zugleich eine Wahl für Brüssel als einzigen Standort sein. Wie sich der neue Präsident in der Sitzfrage nun verhällt, nachdem es den immer stärkeren Druck der Parlamentarier gibt, darauf darf man gespannt sein. Allerdings, diese Entscheidung liegt ja nicht beim EP sondern beim Ministerrat. Und dort wird man sich hüten neben Finanzkrise und Vertragsänderung auch noch die Sitzfrage mit ins Boot zu nehmen.