Liebe Ehrengäste,
Liebe Organisatoren der Musiktage,
Liebe Fredener,
Dass deutsch nicht meine Muttersprache ist, das merken Sie schon an meiner Aussprache. Unsere Muttersprache ist das Luxemburgische, moselfränkisches Dialekt sagen manche immer noch. 1999 entdeckte ein luxemburgischer Sprachforscher den Codex Mariendalensis in der Bibliothek des Grafen von Ansembourg. Die Geschichte der Yolanda von Vianden, Tochter des Grafen von Vianden, die 1258 Abtissin des Klosters Marienthal wurde, ist das älteste schriftliche Dokument auf Luxemburgisch. Es wurde 1290, nach dem Tode Yolanthas von Bruder Hermann von Veldenz verfasst. Die Entdeckung des Originals hat bestätigt dass bereits im frühen Mittelalter das Luxemburgische auch geschrieben wurde. Vorher gab es Abhandlungen und Spekulationen über das Werk, das Original ist somit ein wichtiger Moment sowohl in der Sprachforschung als auch in der Geschichte eines Dialektes, das nun seit 1984 die Nationalsprache des Großherzogtums ist, während die offizielle Sprache Französisch ist, und Deutsch vorrangig die Sprache der Presse, von allen gut verstanden, aber schlecht gesprochen. Auf Deutsch oder neuerdings auch Französisch werden die Kinder eingeschult, reden zuhause luxemburgisch, französisch, portugiesisch, englisch, oder eine der Sprachen der mittlerweile 48 % nicht luxemburgischen Wohnbevölkerung. Seit den 80ziger Jahren ist französisch die meist gesprochene Sprache.
In der EU ist das Luxemburgische keine Arbeitssprache, da reden wir französisch oder auch deutsch, und sind eine rühmliche Ausnahme, verglichen mit anderen so genannten kleinen Sprachen, wie gälisch und maltesisch, die ihre Muttersprache als EU Arbeitssprache angefordert haben.
Die Sprachenvielfalt und der kulturelle Reichtum den sie vermittelt, sind spezifisch und wegweisend für Europa. Die Auseinandersetzungen um den Vorrang, der Streit um den Stellenwert der Sprache, ja, der politische Kampf weswegen Länder auseinander zufallen drohen, siehe Belgien, Spanien und andere, ist zu einem Minenfeld für die Politik geworden. Vom Europarat werden Minderheitensprachen ausdrücklich geschützt, und seit 2007 hat auch die europäische Union einen Kommissar der für die Vielsprachigkeit zuständig ist.
Des Öfteren wird Musik als die Universalsprache dargestellt, die jeder versteht, in der jeder Ausdruck ohne Übersetzung dem Zuhörer vermittelt wird, auch wenn, was hier C heißt, drüben do ist und die Frage ob das A, oder la auf 442 oder gar 444 Schwingungen anzustimmen ist, noch immer keine einheitliche Antwort gefunden hat. Aber man versteht sich, Musiker sind besondere Menschen, und ihr Publikum auch.
Die Musik hat uns zusammengeführt hier in Freden, in der Zehntscheune, und diese zwanzigsten Musiktage haben wiederum die ganze reiche Palette der Programmgestaltung der Organisatoren gezeigt. Dieselben Initiatoren sind immer noch am Werk,ein bisschen älter, reifer an Lebenserfahrung, unermüdlich an vermittelter Begeisterung, nicht zu übertreffen was Vielfalt des kulturellen Angebotes in der Festivalzeit hier in Freden angeht. Utz Köster und Adrian Adlam verdienen unseren ganzen Respekt, ohne sie wäre klassische Musik nicht zum Stelldichein in der Zehnscheune geworden. Ohne ihre Offenheit in der Programmgestaltung hätten die Fredener Musiktage nicht diesen Reichtum zu bieten. Aber auch dem Förderverein gebührt Anerkennung, Utz Köster nennt ihn « eine musikalische Bürgerinitiative », in seinem Interview zum 10 jährigen Jubiläum. Es ist ein nachahmenswertes Beispiel wie im Konkreten Bürgersinn und Kultur zusammenwirken können.
Gäbe es ohne Zehntscheune kein Festival? Ein Glücksfall war das zeitliche Zusammentreffen von intelligentem Denkmalschutz und musikalischer Initiative. Alte Mauern, mit der ihnen vererbten Geschichte, sind schon Grund genug sie zu erhalten. Der Zehnt ist immerhin ein Begriff der abhanden gekommen ist, der schon in der Bibel erwähnt wird. Aus der damals verordneten Solidarität mit Witwen und Waisen und den Armen, wurden im Laufe der Jahrhunderte Abgaben die auch zum Bau von Kirchen dienten und deren Unkosten decken sollten. Den Zehnt gab es auf dem Getreide, aber auch auf dem Schlachtvieh, und dem Wein, er war eigentlich ein Vorläufer der Kirchensteuer. Könnten diese Mauern reden, sie hätten wohl manche traurigen Geschichten auf Lager. Zehntscheunen sind demnach wichtige Zeitzeugen der Vergangenheit.
Nun macht Denkmalschutz allein keinen Sinn, alte Mauern nur der Nostalgie wegen zu erhalten ist längst nicht mehr zeitgemäß. 1984 startete der Europarat eine Campagne mit dem Titel: eine Zukunft für unsere Vergangenheit, « un avenir pour notre passé ». Erhalten und einer neuen Bestimmung zuführen, an den Mauern Geschichte lesbar und zugängig machen, dabei Restauration von neu Gebautem sichtbar abgrenzen, so wurden die Regeln des Denkmalschutzes in der Charta von Venedig und in der Malteser Convention festgelegt. Das heißt mit Respekt vor der Vergangenheit der Zukunft zugewandt, die alten Mauern einer sinnvollen Nutzung zuführen. Die Zehntscheune ist ein lobenswertes Beispiel dafür. Wäre ohne die Fragen um die Erhaltung und Nutzung dieses Gebäudes die Idee eines Festivals hier, in einem Ort von etwa 4000 Einwohnern überhaupt geboren worden? Mit seinen 3000 Besuchern pro Jahr ist das Festival ein großer Erfolg. Stellen Sie die Zahl der Besucher jener der Einwohner gegenüber, so ist im internationalen Vergleich das Fredener Musikfestival einsame Spitze!
Ob es ohne Infrastruktur keine Kultur gäbe, dies ist wiederum eine politische Frage. In früheren Zeiten wurde in den Schlössern der Reichen musiziert, Theater gespielt, das kulturelle Erbe wurde von Mäzenen finanziert, es war Statussymbol, und manchmal auch echtes Interesse der Herrschenden. Heute werden Kulturbauten in der breiten Öffentlichkeit kritischer begutachtet, als beispielsweise große Sportinfrastrukturen. Unsere Demokratie, die auf dem Mehrheitsprinzip aufbaut, stellt natürlich Angebot und Nachfrage einander gegenüber. Gibt es keine Nachfrage braucht sich auch um die Möglichkeit eines Angebots nicht gesorgt zu werden… und genau da steht die Politik vor großer Verantwortung. Denn wie es mit der Nachfrage im Kulturbereich bestellt ist,das hängt von verschiedenen Vorbedingungen ab.
Erziehung, Familie, Religion, und letztendlich Schule im weitesten Sinne bestimmen wie der Einzelne zur Kultur und zu ihrer Vielfalt steht. Eine « Gretchen » Frage gewissermaßen, deren Beantwortung Rückschlüsse zu geben vermag auf Staats und Gemeindewesen, auf den Mut der Verantwortlichen die Investition in Kultur und die dafür notwendigen Infrastrukturen zu wagen. Dialog und Integration, Selbstbewusstsein und Toleranz werden durch das Erlernen von Kulturtechniken vermittelt. Aber auch soziale Funktionen werden gefördert. Die anthropologische Forscherin Jessica Philipps-Silver hat bewiesen dass es besondere Stellen im Hirn gibt die durch Musik stimuliert werden. An der McGuill Universität in Montreal hat eine Forschungsgruppe aus der Entdeckung des singenden Neanderthalers geschlussfolgert dass bevor die Sprache sich entwickelte die Urmenschen über Klänge und Töne miteinander kommunizierten.Die Langzeitstudie der Forschungsgruppe um H.P.Bastian in einer Schule von Berlin-Kreuzberg hat eindeutig den Beweis erbracht dass bei gleichaltrigen Kindern tägliches Musizieren bessere Konzentration, bessere Resultate und bessere soziale Kompetenzen bewirken, also besser zusammen leben in einer multikulturellen Gemeinschaft, und dazu noch im schwierigen Viertel von Berlin Kreuzberg.
Europarat und Europäische Union haben beide den interkulturellen Dialog zum Schwerpunkt eines Jahres gemacht, Ersterer 2007 letztere 2008. In vielen Konferenzen und Veranstaltungen wurde nachgedacht, was es denn sein könnte das Zusammenleben und Akzeptanz verbessern könne, ob es denn eine Hierarchie gäbe im Abwägen der verschiedenen Kulturen. Mit der im Lissabon Vertrag festgehaltenen Charta der Grundrechte wird auch das kulturelle Umfeld eines jeden zu seiner Individualität gerechnet und gibt einen Anspruch auf das Erhalten der Eigenart.
Es bleibt offen wie wir diese edlen Grundsätze in die Praxis umsetzen, wie der Dialog, das Zwiegespräch funktionieren könnte. Der Weg zueinander, besser zu verstehen, in der Verschiedenheit den Reichtum der europäischen Geschichte zu sehen, führt über Kunst und Kultur. Unsere gemeinsame Geschichte besteht weniger aus den gewonnenen oder verlorenen Kriegen, mit Siegern und Besiegten, als aus den Inhalten die vermittelt wurden von Philosophen, Religionslehrern, Künstlern, Schriftstellern. Jedem Krieg ging eine Geisteshaltung voraus, die es zu ergründen gilt.
Die Art und Weise wie wir Geschichte lehren und lernen berücksichtigt diese Hintergründe viel zu wenig. Es genügt nicht zur Kenntnis zu nehmen dass jemand aus einem » anderen Kulturkreis » kommt, sondern das Verstehen was denn dieses « Anderssein » ausmacht setzt auch Wissen voraus.
Kultur versteht sich als Zusammenhalt einer Gesellschaft, einer Gruppe, einer Nation. Diese Identifikation macht es möglich dass noch viele Jahrhunderte später in der Musik, der Architektur dem Brauchtum die Herkunft von Auswanderern zu erkennen ist. Kunst und Kultur dokumentieren die gemeinsame Geschichte.
Die Bemühungen der Programmgestaltung in Freden interdisziplinär zu sein haben ein überaus reiches Angebot aufzuweisen. Beim Blättern durch die Programmhefte der vergangenen 20 Jahre fällt auf dass sich nicht darauf beschränkt worden ist Konzerte zu veranstalten. Das Festival wollte darüber hinaus, sollte vertiefen, Zusammenhänge ergründen, andere Kunstsparten mit einbeziehen. Die Auszeichnung mit dem Prätorius Musikpreis Niedersachsen 2010 ist eine ganz besondere Würdigung. Die Jury begründet folgendermaßen die Wahl:
„Dem hohen persönlichen Engagement aller Beteiligten-von der Künstlerischen Leitung bis hin zu den helfenden Händen vor Ort-ist der alljährliche Erfolg zu verdanken. Die Jury würdigt mit der Auszeichnung den kontinuierlich engagierten Einsatz über Jahrzehnte hinweg. Die Initiatoren der Fredener Musiktage setzen sich darüber hinaus besonders für junge Künstler ein, die dort ein Podium für die Erprobung von Bühnenpraxis finden. »
Die Begründung der Jury ist wohl das schönste Kompliment das allen Beteiligten zukommen kann. Beim Blättern durch die Programme sind vom Fokus » Junge Künstler » aussergewöhnliche Kombinationen jeweils an Schwerpunkte gebunden, sei es durch die Herkunft der Komponisten, oder ihre Geburtstage, sei es um wenig im Konzert gespielte Werke hier zur Aufführung zu bringen. Freden ist zu einer Attraktion für echte Kenner und Liebhaber guter Kammermusik geworden.
Die Gestaltung der Programmhefte hat seit 1996 mit gediegenen Recherchen an Attraktivität zugenommen. Dazu kann man nur sagen: klein, aber sehr fein. Es bleibt mir noch hervorzuheben wie sehr Utz Köster und Adrian Adlam es vermeiden betretene Pfade zu gehen. Jedes Jahr birgt das Programm Überraschungen für Kenner.
So auch wiederum dieses Jahr: während allerorts Chopin und Schuman zu ihrem 200sten Geburtstag gewürdigt werden, wird in Freden Franz Liszt und seine ungarischen Erben thematisch behandelt. Brücken schlagen von Liszt zu Chopin und Schuman drängt sich geradezu auf: Liszt war der erfolgreichste zu seinen Lebzeiten, er hat Europa bereist mit grandiosen Leistungen und grossen Erwartungen seitens des Publikums. Chopin hat an ihm gelitten wie kein anderer Komponist, wurde im ständigen Vergleich mit dem Virtuosen damals nicht auf gleicher Ebene gefeiert. Liszts Klavierspiel muss schon einzigartig gewesen sein.
Sein letztes Konzert hat Franz Liszt in Luxemburg gespielt. Das Klavier auf dem er spielte gibt es noch. Jedes Jahr findet in dem Casino,früher Begegnungsstätte der Beamten, heute zu einem Zentrum für zeitgenössische Kunst um funktioniert, ein Gedenkkonzert statt mit Werken zeitgenössischer Komponisten. Ein erstes Mal war Liszt 1845 in Luxemburg mit überwältigendem Erfolg. Von den Einnahmen hat er 100 Franken an das Sozialwerk der Stadt Luxemburg gespendet. 1886 hatte die Gattin des Malers Munkacsy
Liszt erneut zu einem Konzert überreden können, das sein letztes wurde. Der ungarische Maler war, nachdem er die Witwe seines Gönners des Baron de Marche geheiratet hatte, Schlossherr in Colpach, einem kleinen Ort an der belgischen Grenze im Westen des Grossherzogtums, geworden. Munkascy und seine Gattin pflegten Kontakte zu Musikern und Künstlern in ihrer Zweitwohnung in Paris. Colpach war für den Maler immer wieder Ansporn zu Landschaftsbildern, Portraits und religiösen Motiven.
Liszt weilte dort zwei Wochen, machte aber nach Zeugenberichten einen erschöpften Eindruck und litt unter Erkältung. Der Maler hat ihn damals porträtiert. Das Konzert sollte eigentlich am 5. Juli 1886 stattfinden, wurde aber dann vertagt auf den 19. Zu seiner Ankunft bemerkt das « Luxemburger Wort »in der Ausgabe vom 7.Juli : Der große Künstler, der die ganze Welt in Erstaunen setzte, den Könige und sogar Kaiser hochehrten,ja fast anbeteten, ist nun alt und schwach geworden und bedarf sogar der Stütze um sich von einer Stelle zur andern zu begeben. Sein Haupt ist gebeugt, das lange Haupthaar ist schneeweiss,doch sind seine Augen noch klar, seine Stimme noch kräftig, und er macht im ganzen den erfreulichen Eindruck eines sonst recht gesunden Mannes,der, wir hoffen es noch manche Jahre der Kunst und ihren Verehrern erhalten bleiben wird. »
Liszt erschien am Abend des 19.Juli am Arm von Cécile Munkascy zu dem Konzert im Casino, er spielte rêve d’amour, chants polonais und Schuberts Soirée de Vienne n°6. Stehende Ovation und große Begeisterung verabschiedeten den Meister, der im Hotel de Cologne übernachtete und am folgenden Tag in Richtung Bayreuth Luxemburg verließ. Dort besuchte er seine Tochter Cosima und den Schwiegersohn Richard Wagner. Elf Tage später ist Franz Liszt an einer Lungenentzündung gestorben. Am Casino ist eine Plakette angebracht die an dieses letzte Konzert von Franz Liszt erinnert.
Der ungarische Maler hat in Colpach so manches bedeutende Werk geschaffen. Der luxemburgische Prof. Dr.Joseph Kohnen, dessen Mutter Ungarin war, hat in seinem 1984 erschienen Werk über Munkascy und Luxemburg das Leben des Malers und die Verbindungen des Ehepaars mit der damaligen Künstlerwelt erforscht.
Das Schloss Colpach sollte später weitere Bedeutung im Kulturleben Luxemburgs haben, als zur Jahrhundertwende der Stahlherr Emile Mayrisch und dessen literarisch begabte Frau Aline de St Hubert deutsch französische Freundschaften pflegten, Stefan Zweig, André Gide, und andere berühmte Gäste zum Austausch einluden. Auch Richard Coudenhove-Calerghi, der Begründer der Pan-Europa Bewegung, der schon damals in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für ein geeintes Europa eintrat, war dabei.
Das berühmte Portrait von Munkascy das den betagten Franz Liszt am Klavier zeigt ist heute in der ungarischen Nationalgalerie.
Und so schließt sich der Kreis. Als Utz Köster mich bat die Festrede heute hier zu halten dachte ich nicht dass sie in der Verbindung zu den Darbietungen und dem Programm Einiges aus unserer kleinen Kulturgeschichte hergäbe das von Interesse für die Zuhörer wäre.
Ich möchte mich für die Einladung bedanken, Utz Köster und Adrian Adlam weiterhin viel Erfolg wünschen, dem Förderverein meine Reverenz machen. Sie , liebe Spender und Wohltäter sind alle Investoren, Sie ermöglichen mit Ihrem Einsatz, dass die Musik sich hier entfalten kann. Sie tragen dazu bei dass weit über die Grenzen hinaus Freden und diese Region bekannt wird. In unser aller Namen sagen: ad multos annos.
Liebe Ehrengäste,Liebe Organisatoren der Musiktage,Liebe Fredener,
Dass deutsch nicht meine Muttersprache ist, das merken Sie schon an meiner Aussprache. Unsere Muttersprache ist das Luxemburgische, moselfränkisches Dialekt sagen manche immer noch. 1999 entdeckte ein luxemburgischer Sprachforscher den Codex Mariendalensis in der Bibliothek des Grafen von Ansembourg. Die Geschichte der Yolanda von Vianden, Tochter des Grafen von Vianden, die 1258 Abtissin des Klosters Marienthal wurde, ist das älteste schriftliche Dokument auf Luxemburgisch. Es wurde 1290, nach dem Tode Yolanthas von Bruder Hermann von Veldenz verfasst. Die Entdeckung des Originals hat bestätigt dass bereits im frühen Mittelalter das Luxemburgische auch geschrieben wurde. Vorher gab es Abhandlungen und Spekulationen über das Werk, das Original ist somit ein wichtiger Moment sowohl in der Sprachforschung als auch in der Geschichte eines Dialektes, das nun seit 1984 die Nationalsprache des Großherzogtums ist, während die offizielle Sprache Französisch ist, und Deutsch vorrangig die Sprache der Presse, von allen gut verstanden, aber schlecht gesprochen. Auf Deutsch oder neuerdings auch Französisch werden die Kinder eingeschult, reden zuhause luxemburgisch, französisch, portugiesisch, englisch, oder eine der Sprachen der mittlerweile 48 % nicht luxemburgischen Wohnbevölkerung. Seit den 80ziger Jahren ist französisch die meist gesprochene Sprache.
In der EU ist das Luxemburgische keine Arbeitssprache, da reden wir französisch oder auch deutsch, und sind eine rühmliche Ausnahme, verglichen mit anderen so genannten kleinen Sprachen, wie gälisch und maltesisch, die ihre Muttersprache als EU Arbeitssprache angefordert haben.
Die Sprachenvielfalt und der kulturelle Reichtum den sie vermittelt, sind spezifisch und wegweisend für Europa. Die Auseinandersetzungen um den Vorrang, der Streit um den Stellenwert der Sprache, ja, der politische Kampf weswegen Länder auseinander zufallen drohen, siehe Belgien, Spanien und andere, ist zu einem Minenfeld für die Politik geworden. Vom Europarat werden Minderheitensprachen ausdrücklich geschützt, und seit 2007 hat auch die europäische Union einen Kommissar der für die Vielsprachigkeit zuständig ist.
Des Öfteren wird Musik als die Universalsprache dargestellt, die jeder versteht, in der jeder Ausdruck ohne Übersetzung dem Zuhörer vermittelt wird, auch wenn, was hier C heißt, drüben do ist und die Frage ob das A, oder la auf 442 oder gar 444 Schwingungen anzustimmen ist, noch immer keine einheitliche Antwort gefunden hat. Aber man versteht sich, Musiker sind besondere Menschen, und ihr Publikum auch.
Die Musik hat uns zusammengeführt hier in Freden, in der Zehntscheune, und diese zwanzigsten Musiktage haben wiederum die ganze reiche Palette der Programmgestaltung der Organisatoren gezeigt. Dieselben Initiatoren sind immer noch am Werk,ein bisschen älter, reifer an Lebenserfahrung, unermüdlich an vermittelter Begeisterung, nicht zu übertreffen was Vielfalt des kulturellen Angebotes in der Festivalzeit hier in Freden angeht. Utz Köster und Adrian Adlam verdienen unseren ganzen Respekt, ohne sie wäre klassische Musik nicht zum Stelldichein in der Zehnscheune geworden. Ohne ihre Offenheit in der Programmgestaltung hätten die Fredener Musiktage nicht diesen Reichtum zu bieten. Aber auch dem Förderverein gebührt Anerkennung, Utz Köster nennt ihn « eine musikalische Bürgerinitiative », in seinem Interview zum 10 jährigen Jubiläum. Es ist ein nachahmenswertes Beispiel wie im Konkreten Bürgersinn und Kultur zusammenwirken können.
Gäbe es ohne Zehntscheune kein Festival? Ein Glücksfall war das zeitliche Zusammentreffen von intelligentem Denkmalschutz und musikalischer Initiative. Alte Mauern, mit der ihnen vererbten Geschichte, sind schon Grund genug sie zu erhalten. Der Zehnt ist immerhin ein Begriff der abhanden gekommen ist, der schon in der Bibel erwähnt wird. Aus der damals verordneten Solidarität mit Witwen und Waisen und den Armen, wurden im Laufe der Jahrhunderte Abgaben die auch zum Bau von Kirchen dienten und deren Unkosten decken sollten. Den Zehnt gab es auf dem Getreide, aber auch auf dem Schlachtvieh, und dem Wein, er war eigentlich ein Vorläufer der Kirchensteuer. Könnten diese Mauern reden, sie hätten wohl manche traurigen Geschichten auf Lager. Zehntscheunen sind demnach wichtige Zeitzeugen der Vergangenheit.
Nun macht Denkmalschutz allein keinen Sinn, alte Mauern nur der Nostalgie wegen zu erhalten ist längst nicht mehr zeitgemäß. 1984 startete der Europarat eine Campagne mit dem Titel: eine Zukunft für unsere Vergangenheit, « un avenir pour notre passé ». Erhalten und einer neuen Bestimmung zuführen, an den Mauern Geschichte lesbar und zugängig machen, dabei Restauration von neu Gebautem sichtbar abgrenzen, so wurden die Regeln des Denkmalschutzes in der Charta von Venedig und in der Malteser Convention festgelegt. Das heißt mit Respekt vor der Vergangenheit der Zukunft zugewandt, die alten Mauern einer sinnvollen Nutzung zuführen. Die Zehntscheune ist ein lobenswertes Beispiel dafür. Wäre ohne die Fragen um die Erhaltung und Nutzung dieses Gebäudes die Idee eines Festivals hier, in einem Ort von etwa 4000 Einwohnern überhaupt geboren worden? Mit seinen 3000 Besuchern pro Jahr ist das Festival ein großer Erfolg. Stellen Sie die Zahl der Besucher jener der Einwohner gegenüber, so ist im internationalen Vergleich das Fredener Musikfestival einsame Spitze!
Ob es ohne Infrastruktur keine Kultur gäbe, dies ist wiederum eine politische Frage. In früheren Zeiten wurde in den Schlössern der Reichen musiziert, Theater gespielt, das kulturelle Erbe wurde von Mäzenen finanziert, es war Statussymbol, und manchmal auch echtes Interesse der Herrschenden. Heute werden Kulturbauten in der breiten Öffentlichkeit kritischer begutachtet, als beispielsweise große Sportinfrastrukturen. Unsere Demokratie, die auf dem Mehrheitsprinzip aufbaut, stellt natürlich Angebot und Nachfrage einander gegenüber. Gibt es keine Nachfrage braucht sich auch um die Möglichkeit eines Angebots nicht gesorgt zu werden… und genau da steht die Politik vor großer Verantwortung. Denn wie es mit der Nachfrage im Kulturbereich bestellt ist,das hängt von verschiedenen Vorbedingungen ab.
Erziehung, Familie, Religion, und letztendlich Schule im weitesten Sinne bestimmen wie der Einzelne zur Kultur und zu ihrer Vielfalt steht. Eine « Gretchen » Frage gewissermaßen, deren Beantwortung Rückschlüsse zu geben vermag auf Staats und Gemeindewesen, auf den Mut der Verantwortlichen die Investition in Kultur und die dafür notwendigen Infrastrukturen zu wagen. Dialog und Integration, Selbstbewusstsein und Toleranz werden durch das Erlernen von Kulturtechniken vermittelt. Aber auch soziale Funktionen werden gefördert. Die anthropologische Forscherin Jessica Philipps-Silver hat bewiesen dass es besondere Stellen im Hirn gibt die durch Musik stimuliert werden. An der McGuill Universität in Montreal hat eine Forschungsgruppe aus der Entdeckung des singenden Neanderthalers geschlussfolgert dass bevor die Sprache sich entwickelte die Urmenschen über Klänge und Töne miteinander kommunizierten.Die Langzeitstudie der Forschungsgruppe um H.P.Bastian in einer Schule von Berlin-Kreuzberg hat eindeutig den Beweis erbracht dass bei gleichaltrigen Kindern tägliches Musizieren bessere Konzentration, bessere Resultate und bessere soziale Kompetenzen bewirken, also besser zusammen leben in einer multikulturellen Gemeinschaft, und dazu noch im schwierigen Viertel von Berlin Kreuzberg.
Europarat und Europäische Union haben beide den interkulturellen Dialog zum Schwerpunkt eines Jahres gemacht, Ersterer 2007 letztere 2008. In vielen Konferenzen und Veranstaltungen wurde nachgedacht, was es denn sein könnte das Zusammenleben und Akzeptanz verbessern könne, ob es denn eine Hierarchie gäbe im Abwägen der verschiedenen Kulturen. Mit der im Lissabon Vertrag festgehaltenen Charta der Grundrechte wird auch das kulturelle Umfeld eines jeden zu seiner Individualität gerechnet und gibt einen Anspruch auf das Erhalten der Eigenart. Es bleibt offen wie wir diese edlen Grundsätze in die Praxis umsetzen, wie der Dialog, das Zwiegespräch funktionieren könnte. Der Weg zueinander, besser zu verstehen, in der Verschiedenheit den Reichtum der europäischen Geschichte zu sehen, führt über Kunst und Kultur. Unsere gemeinsame Geschichte besteht weniger aus den gewonnenen oder verlorenen Kriegen, mit Siegern und Besiegten, als aus den Inhalten die vermittelt wurden von Philosophen, Religionslehrern, Künstlern, Schriftstellern. Jedem Krieg ging eine Geisteshaltung voraus, die es zu ergründen gilt. Die Art und Weise wie wir Geschichte lehren und lernen berücksichtigt diese Hintergründe viel zu wenig. Es genügt nicht zur Kenntnis zu nehmen dass jemand aus einem » anderen Kulturkreis » kommt, sondern das Verstehen was denn dieses « Anderssein » ausmacht setzt auch Wissen voraus. Kultur versteht sich als Zusammenhalt einer Gesellschaft, einer Gruppe, einer Nation. Diese Identifikation macht es möglich dass noch viele Jahrhunderte später in der Musik, der Architektur dem Brauchtum die Herkunft von Auswanderern zu erkennen ist. Kunst und Kultur dokumentieren die gemeinsame Geschichte.
Die Bemühungen der Programmgestaltung in Freden interdisziplinär zu sein haben ein überaus reiches Angebot aufzuweisen. Beim Blättern durch die Programmhefte der vergangenen 20 Jahre fällt auf dass sich nicht darauf beschränkt worden ist Konzerte zu veranstalten. Das Festival wollte darüber hinaus, sollte vertiefen, Zusammenhänge ergründen, andere Kunstsparten mit einbeziehen. Die Auszeichnung mit dem Prätorius Musikpreis Niedersachsen 2010 ist eine ganz besondere Würdigung. Die Jury begründet folgendermaßen die Wahl:
„Dem hohen persönlichen Engagement aller Beteiligten-von der Künstlerischen Leitung bis hin zu den helfenden Händen vor Ort-ist der alljährliche Erfolg zu verdanken. Die Jury würdigt mit der Auszeichnung den kontinuierlich engagierten Einsatz über Jahrzehnte hinweg. Die Initiatoren der Fredener Musiktage setzen sich darüber hinaus besonders für junge Künstler ein, die dort ein Podium für die Erprobung von Bühnenpraxis finden. »
Die Begründung der Jury ist wohl das schönste Kompliment das allen Beteiligten zukommen kann. Beim Blättern durch die Programme sind vom Fokus » Junge Künstler » aussergewöhnliche Kombinationen jeweils an Schwerpunkte gebunden, sei es durch die Herkunft der Komponisten, oder ihre Geburtstage, sei es um wenig im Konzert gespielte Werke hier zur Aufführung zu bringen. Freden ist zu einer Attraktion für echte Kenner und Liebhaber guter Kammermusik geworden.
Die Gestaltung der Programmhefte hat seit 1996 mit gediegenen Recherchen an Attraktivität zugenommen. Dazu kann man nur sagen: klein, aber sehr fein. Es bleibt mir noch hervorzuheben wie sehr Utz Köster und Adrian Adlam es vermeiden betretene Pfade zu gehen. Jedes Jahr birgt das Programm Überraschungen für Kenner.
So auch wiederum dieses Jahr: während allerorts Chopin und Schuman zu ihrem 200sten Geburtstag gewürdigt werden, wird in Freden Franz Liszt und seine ungarischen Erben thematisch behandelt. Brücken schlagen von Liszt zu Chopin und Schuman drängt sich geradezu auf: Liszt war der erfolgreichste zu seinen Lebzeiten, er hat Europa bereist mit grandiosen Leistungen und grossen Erwartungen seitens des Publikums. Chopin hat an ihm gelitten wie kein anderer Komponist, wurde im ständigen Vergleich mit dem Virtuosen damals nicht auf gleicher Ebene gefeiert. Liszts Klavierspiel muss schon einzigartig gewesen sein.
Sein letztes Konzert hat Franz Liszt in Luxemburg gespielt. Das Klavier auf dem er spielte gibt es noch. Jedes Jahr findet in dem Casino,früher Begegnungsstätte der Beamten, heute zu einem Zentrum für zeitgenössische Kunst um funktioniert, ein Gedenkkonzert statt mit Werken zeitgenössischer Komponisten. Ein erstes Mal war Liszt 1845 in Luxemburg mit überwältigendem Erfolg. Von den Einnahmen hat er 100 Franken an das Sozialwerk der Stadt Luxemburg gespendet. 1886 hatte die Gattin des Malers MunkacsyLiszt erneut zu einem Konzert überreden können, das sein letztes wurde. Der ungarische Maler war, nachdem er die Witwe seines Gönners des Baron de Marche geheiratet hatte, Schlossherr in Colpach, einem kleinen Ort an der belgischen Grenze im Westen des Grossherzogtums, geworden. Munkascy und seine Gattin pflegten Kontakte zu Musikern und Künstlern in ihrer Zweitwohnung in Paris. Colpach war für den Maler immer wieder Ansporn zu Landschaftsbildern, Portraits und religiösen Motiven.
Liszt weilte dort zwei Wochen, machte aber nach Zeugenberichten einen erschöpften Eindruck und litt unter Erkältung. Der Maler hat ihn damals porträtiert. Das Konzert sollte eigentlich am 5. Juli 1886 stattfinden, wurde aber dann vertagt auf den 19. Zu seiner Ankunft bemerkt das « Luxemburger Wort »in der Ausgabe vom 7.Juli : Der große Künstler, der die ganze Welt in Erstaunen setzte, den Könige und sogar Kaiser hochehrten,ja fast anbeteten, ist nun alt und schwach geworden und bedarf sogar der Stütze um sich von einer Stelle zur andern zu begeben. Sein Haupt ist gebeugt, das lange Haupthaar ist schneeweiss,doch sind seine Augen noch klar, seine Stimme noch kräftig, und er macht im ganzen den erfreulichen Eindruck eines sonst recht gesunden Mannes,der, wir hoffen es noch manche Jahre der Kunst und ihren Verehrern erhalten bleiben wird. »
Liszt erschien am Abend des 19.Juli am Arm von Cécile Munkascy zu dem Konzert im Casino, er spielte rêve d’amour, chants polonais und Schuberts Soirée de Vienne n°6. Stehende Ovation und große Begeisterung verabschiedeten den Meister, der im Hotel de Cologne übernachtete und am folgenden Tag in Richtung Bayreuth Luxemburg verließ. Dort besuchte er seine Tochter Cosima und den Schwiegersohn Richard Wagner. Elf Tage später ist Franz Liszt an einer Lungenentzündung gestorben. Am Casino ist eine Plakette angebracht die an dieses letzte Konzert von Franz Liszt erinnert.
Der ungarische Maler hat in Colpach so manches bedeutende Werk geschaffen. Der luxemburgische Prof. Dr.Joseph Kohnen, dessen Mutter Ungarin war, hat in seinem 1984 erschienen Werk über Munkascy und Luxemburg das Leben des Malers und die Verbindungen des Ehepaars mit der damaligen Künstlerwelt erforscht. Das Schloss Colpach sollte später weitere Bedeutung im Kulturleben Luxemburgs haben, als zur Jahrhundertwende der Stahlherr Emile Mayrisch und dessen literarisch begabte Frau Aline de St Hubert deutsch französische Freundschaften pflegten, Stefan Zweig, André Gide, und andere berühmte Gäste zum Austausch einluden. Auch Richard Coudenhove-Calerghi, der Begründer der Pan-Europa Bewegung, der schon damals in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für ein geeintes Europa eintrat, war dabei.
Das berühmte Portrait von Munkascy das den betagten Franz Liszt am Klavier zeigt ist heute in der ungarischen Nationalgalerie. Und so schließt sich der Kreis. Als Utz Köster mich bat die Festrede heute hier zu halten dachte ich nicht dass sie in der Verbindung zu den Darbietungen und dem Programm Einiges aus unserer kleinen Kulturgeschichte hergäbe das von Interesse für die Zuhörer wäre.
Ich möchte mich für die Einladung bedanken, Utz Köster und Adrian Adlam weiterhin viel Erfolg wünschen, dem Förderverein meine Reverenz machen. Sie , liebe Spender und Wohltäter sind alle Investoren, Sie ermöglichen mit Ihrem Einsatz, dass die Musik sich hier entfalten kann. Sie tragen dazu bei dass weit über die Grenzen hinaus Freden und diese Region bekannt wird. In unser aller Namen sagen: ad multos annos.
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